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Politik: „Haschisch ist nicht wie das Bierchen am Abend“

Die Grünen haben erklärt, Haschisch-Rauchen sei so etwas wie das Bierchen am Abend. Was sagt die Drogenbeauftragte der rot-grünen Bundesregierung dazu?

Die Grünen haben erklärt, Haschisch-Rauchen sei so etwas wie das Bierchen am Abend. Was sagt die Drogenbeauftragte der rot-grünen Bundesregierung dazu?

Wir versuchen im Augenblick, bei den legalen Drogen Alkohol und Tabak auf die Bremse zu treten. Dann treten wir natürlich beim Haschisch nicht aufs Gas. Das Rauchen von Haschisch ist schädlicher als das Rauchen von Tabak. Jemand, der kifft, nimmt die vierfache Menge Teer in seiner Lunge auf. Außerdem ist das Suchtpotential von Haschisch ähnlich hoch wie beim Alkohol. Es kann auch bei Cannabis zur Sucht kommen.

Wie schlägt sich das in der Arbeit der Suchtberatungsstellen nieder?

Die Zahl der Jugendlichen, die mit Haschisch Probleme haben, hat sich in den letzten Jahren verdoppelt. Darum ist es leichtfertig, wenn grüne Politiker jetzt ihre Jugenderfahrungen verallgemeinern und sagen, wir haben uns damals zu fünfzehnt einen Joint geteilt und er hat uns auch nicht geschadet. Das Problem in der heutigen Partyszene ist ganz anders: Junge Leute konsumieren sehr viel mehr durcheinander, Ecstasy, Cannabis, Speed und Alkohol – und zwar in großen Mengen. Die Zahl der Heroinabhängigen nimmt in der Tendenz ab, die Zahl der Konsumenten von Partydrogen nimmt stark zu.

Wie reagieren Sie darauf?

Es gibt inzwischen Beratungsstellen, wie zum Beispiel der Drogentherapieladen in Berlin, die sich nur um Cannabis-Konsumenten kümmern. Wir haben Modellprojekte in acht Bundesländern, die sich speziell an Jugendliche wenden, die zu viel trinken und Partydrogen nehmen. Diese Kurse werden gut angenommen. Das könnte in Zukunft ein zusätzliches Angebot speziell für Abhängige von Partydrogen werden. Die gehen nicht zu den klassischen Beratungsstellen. Die müssen wir über andere Wege erreichen.

Sehen Sie bei Haschisch überhaupt Handlungsbedarf ?

Wir wollen den Konsum aller Drogen bei den Jugendlichen senken. Dazu werden wir eine große Anti-Raucher-Kampagne starten. Denn wer nicht raucht, der kifft auch nicht.

Aber Führerscheinentzug und Geldstrafen soll es weiterhin geben, wenn jemand mit Haschisch in der Tasche erwischt wird?

Den Konsum von Jugendlichen aus Neugier wollen wir entkriminalisieren. Wir möchten auch nicht, dass der bloße Besitz von Cannabis bereits zum Entzug des Führerscheines führt. In diesen Fällen sollte man nicht gleich die Keule schwingen.

Wann sollte man die Keule schwingen?

Wenn unter Einfluss von Cannabis und Alkohol Auto gefahren wird. Diese Leute müssen bestraft werden. Unfälle mit jungen Leuten unter Alkoholeinfluss nehmen zu. Auf Haschisch wird nach schweren Unfällen oft gar nicht zusätzlich getestet, obwohl es sicher oft mit im Spiel ist. Deshalb finde ich es falsch, die Debatte über Haschisch ausgerechnet jetzt loszutreten.

Warum?

Wir haben in der Drogen- und Suchtpolitik andere und viel härtere Probleme. Wir haben massive Probleme bei der Zunahme von Rauschtrinken, Tabakkonsum und Ecstasy. Diese von den Grünen angestoßene Diskussion signalisiert den Jugendlichen: Alles ist locker, alles ist easy wie das Bierchen am Abend. Das ist das falsche Signal.

Das Gespräch führte Martin Gehlen.

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