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Wirtschaftsminister Altmaier war gerade in Ägypten.

© Omar Zoheiry, dpa

Hauptstadtlage: Ludwig Erhard - oder wie sozial ist die Marktwirtschaft

Nimmt die CDU Abschied von einem ihrer Säulenheiligen? Finden Dax-Konzernchefs und Grüne eine gemeinsame Sprache. Was die Hauptstadt am Dienstag beschäftigt.

Peter Altmaier ist eigentlich schwer zu übersehen. Dass der Bundeswirtschaftsminister gerade in Ägypten war, um Investitionen Made in Germany zu befördern, haben außer unserem Autor Pepe Egger trotzdem nicht viele mitbekommen. Dafür darf der CDU-Mann heute umso größerer Aufmerksamkeit sicher sein, wenn er seine „Industriestrategie 2030“ vorstellt. Das Projekt hat schon vorab einen Glaubenskrieg ausgelöst. Prominente Ökonomen geißeln alleine den Versuch einer staatlichen Industriepolitik als Verrat an Ludwig Erhard. Aber hält es Donald Trumps USA oder Xi Jinpings China wirklich davon ab, ihre eigene Industrie aggressiv in den Weltmarkt zu drücken, wenn deutsche Professoren Räucherstäbchen vor dem Säulenheiligen des Wirtschaftswunders schwenken?
tagesspiegel.de (Ägypten); tagesspiegel.de (Industrie-Strategie)

Wirtschaftsrat der Grünen

Die Spitzen der deutschen Wirtschaft schwenken lieber auf Pragmatismus um. Bis vor kurzem hätte man hinter einem Wirtschaftsbeirat der Grünen-Bundestagsfraktion eine Versammlung von Müslibauern und veganen Teppichknüpfern vermuten. Weit gefehlt: In dem Kreis, zu dem die Wirtschaftspolitikerin Kerstin Andreae einlädt, geben sich Dax-Vorstände die Ehre.  „Es wird uns nur zusammen mit der Wirtschaft gelingen, den Klimawandel zu stoppen“, sagt Andreae meiner Kollegin Cordula Eubel. BASF-Vorstandschef Martin Brudermüller lobt umgekehrt die Offenheit der Debatten. Grünen-Umfragewerte um 20 Prozent sind an dem Interesse sicher nicht ganz unschuldig. Wie sang doch ein ganz spezieller Wirtschaftsexperte der Erhard-Jahre, der Jazzmusiker Hazy Osterwald? „Gehnse mit der Konjunktur!“
tagesspiegel.de

Spekulationen in der SPD

Zu den Sozialdemokraten passt aktuell besser ein anderer Osterwald-Evergreen: „Kriminal-Tango in der Taverne, dunkle Gestalten, rote Laterne …“  Wie in jener unbehaglichen Kaschemme dürfte sich SPD-Chefin Andrea Nahles gerade vorkommen. Der alte Pate Gerhard Schröder zieht aus seiner Ecke über sie her, andere räsonieren an der Theke mit drohendem Unterton darüber, ob sie nicht den guten Sigmar Gabriel und den braven Martin Schulz langsam mal wieder besser behandeln wolle!? Dass sie sich selber mit verunglückten Gesangsnummern desavouiert hat, lässt selbst Gutwillige einen Barhocker weiter rücken. Im „Kriminaltango“ fällt irgendwann ein Schuss. In der SPD 2019 könnte es nach der Europa- und Bremen-Wahl auch wieder so weit sein. In der Partei kursieren schon Namen für nächste Hoffnungsträger: Ministerpräsidenten wie Manuela Schwesig und Stephan Weil – oder sogar Ehemalige: Schulz, Gabriel.

Merkel beim Kaiser

Für Angela Merkel läuten die Vorgänge in der Willy-Brandt-Taverne womöglich das Ende ihrer Kanzlerschaft ein. In Tokio liegt diese Perspektive nur geographisch fern. Denn heute empfängt Kaiser Akihito die deutsche Regierungschefin. Merkel ist eine der letzten ausländischen Gäste, denen der 85-Jährige im Kaiserpalast die besondere Ehre eines Gesprächs erweisen wird. Ende April übergibt er den Thron, den er im Jahr des Mauerfalls bestiegen hatte, an Kronprinz Naruhito. Dass ein Kaiser abdankt, war in Japan lange undenkbar. Wenn das strenge Hofprotokoll es erlaubt, könnten die beiden sicher einige Erfahrungen über die Endlichkeit höchster Ämter austauschen.

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