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Vorsorge. Hebammen müssen gut versichert sein, doch das ist teuer. Foto: dpa

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Politik: Hebammen meiden den Kreißsaal

Versicherungsbeitrag steigt schneller als das Einkommen / Gesundheitsministerium sieht keine Unterversorgung in der Geburtshilfe

Berlin - Viele Hebammen fürchten um ihre Existenz. Denn die Beiträge zur Pflichthaftpflichtversicherung für Hebamen sind stark gestiegen, ihre Vergütungen blieben aber gleich. Sie erhoffen sich nun Hilfe von der Politik. Deswegen startete der Deutsche Hebammenverband eine Petition, die mittlerweile rund 105 000 Mal elektronisch und knapp 81 Mal schriftlich unterzeichnet wurde. Genug, dass sich der Petitionsausschuss des Bundestages damit befassen musste, der an diesem Montag das erste Mal in dieser Legislaturperiode zusammenkam.

Bei einer Geburt stehen das Leben und die Gesundheit des Neugeborenen und manchmal auch der Mütter auf dem Spiel. Ein Fehler kommt alle Beteiligten teuer zu stehen. Seit dem Jahr 2000 können Hebammen für Fehler bei der Ausübung ihres Berufs von den Krankenkassen belangt werden. Wenn etwa bei der Geburt die Sauerstoffversorgung des Neugeborenen abgeklemmt wird und dies zu einer lebenslangen Behinderung führt, wird die Hebamme und damit ihre Haftpflichtversicherung zur Kasse gebeten – und zwar für die Gesamtkosten, also die lebenslange Versorgung des behinderten Kindes. Die Versicherungsprämie hat sich infolgedessen von rund 179 Euro im Jahr 1992, auf aktuell 2370 Euro pro Jahr erhöht. Vom 1. Juli an soll die Prämie nun sogar auf 3689 Euro steigen. Viele Krankenkassen bieten eine Haftpflichtversicherung für Hebammen gar nicht mehr an. Der dadurch fehlende Wettbewerb treibt die Beiträge zusätzlich in die Höhe. Dem gegenüber stehen ein Stundenlohn von 7,50 Euro und steigende Nebenkosten wie beispielsweise die Benzinkosten für die Anfahrt.

Während bei angestellten Hebammen das Krankenhaus einen Teil der Versicherungskosten übernimmt, müssen freiberufliche Hebammen den Betrag selbst aufbringen. Viele beschränken sich daher bereits auf die Vor- und Nachsorge bei der Geburt, denn dann bezahlen sie einen geringeren Versicherungsbeitrag. Der Deutsche Hebammenverband sieht nicht nur die berufliche Zukunft freiberuflicher Hebammen gefährdet, sondern auch die flächendeckende Betreuung. Gerade in ländlichen Gebieten, wo kein Krankenhaus mit Geburtsstation in der Nähe ist, sind die Frauen oft auf freiberufliche Hebammen angewiesen.

Nachdem die Verhandlungen zwischen den Krankenkassen und dem Deutschen Hebammenverband über eine Anpassung der Vergütungssätze im März scheiterten, geht der Fall Anfang Juli vor das Bundesschiedsgericht. Bringt dieses Urteil dann immer noch keine Einigung, geht der Konflikt weiter vor das Sozialgericht. Da die erhöhten Beiträge jedoch schon am 1. Juli in Kraft treten und es bis zu einer endgültigen Entscheidung des Sozialgerichts mehrere Jahre dauern kann, läuft den Hebammen die Zeit davon. Sie fordern nun Soforthilfe aus der Politik. Der Deutsche Hebammenverband verlangt eine Verankerung ihrer Berufsgruppe im Sozialgesetzbuch, das bisher unter anderem die flächendeckende Versorgung durch Ärzte sicherstellt. Zudem solle sich der Staat durch einen Hebammen-Fonds an den Versicherungsprämien beteiligen.

Daniel Bahr (FDP), Staatssekretär im Gesundheitsministerium, sagte dagegen, dass es für die von den Hebammen befürchtete Unterversorgung bei der Geburtshilfe keine Belege gebe. Die nötige Datensammlung durch das Gesundheitsministerium und die Krankenkassen wäre ein großer Aufwand, daher solle der Fall erst den vorgeschriebenen Weg über das Bundesschieds- und Sozialgericht nehmen. „Ich bin zuversichtlich, dass es bereits vor dem Bundesschiedsgericht zu einer Einigung kommt“, sagte Bahr. Er verwies außerdem darauf, das eine solche Regelung nicht vom Gesundheitsministerium allein entschieden werden könne, sondern nur gemeinsam mit Justiz- und Finanzministerium. Eine Entscheidung des Petitionsausschusses wird frühestens in einem halben Jahr erwartet.

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