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Helgoland

© AFP

Helgoland: Frische Brise

Wahlkampf auf Helgoland war immer eine ruhige Sache - nun sorgen die Linkspartei und ein neuer Wählerverein für Aufregung.

Helgoland, weit draußen in der Nordsee, ist Deutschlands einzige Hochseeinsel. Derzeit herrscht Wahlkampf, denn in Schleswig-Holstein werden am 25. Mai neue Kommunalparlamente gewählt. Üblicherweise ist Wahlkampf auf der Insel keine große Affäre. Wahlplakate sind keine zu sehen, größere Parteiveranstaltungen für die 1350 Einwohner gab es nicht, schon gar nicht mit politischer Prominenz vom Festland. Man blieb unter sich, und CDU, SPD und FDP pflegten ein auskömmliches Miteinander. Aber in diesem Jahr ist alles anders. Der Kampf um die 13 Sitze im Gemeindeparlament hat an Schärfe gewonnen.

Ausgerechnet die Linken, die erst im Herbst 2007 einen Ortsverband gründeten, haben am vorigen Freitag stolz ihren Bundesparteichef Lothar Bisky präsentiert. Bürgermeister Frank Botter von der SPD hätte zwar nichts dagegen gehabt, wenn der „Promi“ sich im Goldenen Buch der Gemeinde verewigt hätte. Aber in Wahlkampfzeiten war mit vehementem Protest der anderen Parteien zu rechnen. Also blieb Bisky unverewigt.

Der Ortsverein Helgoland der Linkspartei bildete sich aus einem Grüppchen Sozialdemokraten, die sich verprellt fühlten, weil sie nur hinten auf der SPD-Wahlliste Platz fanden. Inzwischen konnten sie einige Mitstreiter finden, die sich bislang nicht in der Politik engagiert hatten. Nichtsdestotrotz vermeldet nun auch die SPD neuen Zulauf, und demnächst wird Bundesverkehrsminister Wolfgang Tiefensee (SPD) auf der Insel erwartet. Die Sozialdemokraten rühmen sich guter Kontakte zum Landrat in Pinneberg und sogar zu den Regierungen in Kiel und Berlin. Und das soll dokumentiert werden. Mit Tiefensee will man über den strittigen Punkt der Verkehrsanbindung der Insel sprechen. Es geht vor allem darum, im Zuge des Regionalisierungsgesetzes jährlich 400 000 Euro an Zuschüssen zu erhaschen.

Bislang wurden fast alle Gemeinderatsbeschlüsse einstimmig oder mit großer Mehrheit gefasst. „Es ist besser, wenn man beim Kreis in Pinneberg oder auch in Kiel mitbekommt, dass wir hier in wichtigen Dingen mit einer Stimme sprechen, nicht auseinanderdividierbar sind“, meint der SPD-Ortsvorsitzende Peter Botter. Er erinnert daran, dass es auf Helgoland noch nie Koalitionen gegeben habe. Vor fünf Jahren kam es zwar zu einer kleinen Sensation: Die FDP holte fünf Mandate, CDU und SPD nur je vier. „Bis dato war Helgoland eine SPD-Hochburg“, sagt Michael Becker von den Liberalen. Aber es blieb bei der Einstimmigkeit.

Nicht nur der neuen Linksparteigruppe, sondern auch der zweiten neuen Kraft, der Interessengemeinschaft Helgoländer Moats (IHM), missfällt diese Tradition: zu viel Einheitsverwaltung, zu wenig eigenständige Anträge. Moats ist helgoländisch und heißt Freunde. Rund 20 Prozent der Insulaner sprechen noch die dem Friesischen ähnliche Sprache. Die IHM wurde ebenfalls 2007 gegründet, und auch hier sammelten sich Verprellte. Da im vorigen Jahr die Zahl der Tagesgäste stark zurückging, wünschte sich der heimische Wirtschaftsverband mehr Aktivitäten seitens der Verwaltung und Kommunalpolitik. Man klopfte bei der CDU an, wurde aber vertröstet – und gründete den eigenen Verein, der 40 Mitglieder hat, mehr als jede der vier Parteien. Die CDU ist derweil angeschlagen, ihr Spitzenmann musste seinen Rückzug erklären, weil er demnächst in einem Strafprozess vor Gericht steht.

Die IHM ärgert sich über die Erhöhung der Gemeindeeinfuhrsteuer und unterstützt die Ideen von Arne Weber, eines Hotelbetreibers und Bauinvestors aus Hamburg, der die Insel durch Neulandschaffung vergrößern möchte. Seine Vision hat er, ganz nach Helgoländer Wahlkampftradition, per Post allen Haushalten zukommen lassen. Nun ist er auf der Insel in aller Munde, auch wenn er auf keiner Wahlliste steht. Bürgermeister Botter wiegelt vorerst ab: „Wir prüfen Webers Vorschläge, aber eines ist sicher: Dazu wird es hier auf der Insel einen Bürgerentscheid geben.“

Dieter Hanisch

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