zum Hauptinhalt

Politik: Herrscher der Katastrophen

Von Wolfgang Drechsler, Kapstadt Robert Mugabe, der heutige Präsident von Simbabwe, hat vor 22 Jahren die weiße Minderheit von der Regierung abgelöst. Doch inzwischen ist er bei der Bevölkerung ebenso verhasst wie die früheren Machthaber.

Von Wolfgang Drechsler,

Kapstadt

Robert Mugabe, der heutige Präsident von Simbabwe, hat vor 22 Jahren die weiße Minderheit von der Regierung abgelöst. Doch inzwischen ist er bei der Bevölkerung ebenso verhasst wie die früheren Machthaber. Alle Hoffnungen, dass der 78-Jährige nach seiner von schweren Manipulationen überschatteten Wiederwahl zur Vernunft kommen und den rapiden Verfall des Landes stoppen würde, haben sich zerschlagen. Auf dem Welternährungsgipfel in Rom wird Mugabes Anwesenheit nur zähneknirschend ertragen.

Beobachter sind sich jedoch einig, dass er das Ende seines Regimes durch die Wahlfarce allenfalls um ein paar Monate verzögern konnte. Denn nach zwei Jahren Anarchie und Zerfall steht Simbabwe kurz vor dem Kollaps. Weltweit ist im vergangenen Jahr keine andere Volkswirtschaft so stark geschrumpft, die Inflation liegt bei 100 Prozent, die Arbeitslosigkeit hat neue Rekordmarken erreicht. Zudem führt eine schwere Dürre, gekoppelt an die Besetzung Hunderter von Farmen durch Bürgerkriegsveteranen und Kriminelle, in weiten Teilen des südafrikanischen Staates zu einer Nahrungsmittelkrise. Vor wenigen Wochen erklärte Mugabe Simbabwe zum Katastrophengebiet.

Erschwerend kommt hinzu, dass Libyen, Simbabwes engster Freund, offenbar wegen unbezahlter Rechnungen nicht länger bereit ist, Mugabe mit Öl zu versorgen. Beide Länder hatten 2001 einen Einjahresvertrag abgeschlossen, demzufolge 70 Prozent der simbabwischen Rohölversorgung durch einen libyschen Kredit in Höhe von 360 Millionen Dollar gedeckt wurde. Im Gegenzug soll Libyens Staatschef Gaddafi Farmen, Fleischlieferungen und Anteile an Staatsfirmen erhalten haben. Aber auch bei den südafrikanischen Öl- und Stromlieferanten Sasol und Eskom ist Simbabwe seit langem hoch verschuldet. Nur eine Garantie der südafrikanischen Regierung, die einen Zusammenbruch ihres nördlichen Nachbarn fürchtet, sorgt für anhaltende Lieferungen.

Über ein Drittel der zwölf Millionen Simbabwer hat sich für dringende Nahrungsmittelhilfe registrieren lassen. Die drohende Hungersnot folgt auf die von Mugabe forcierten Landbesetzungen. Seine Regierung hat mehr als 5000 der knapp 8000 Großfarmen weißer Landwirte zur Zwangsenteignung freigegeben. Dies führt zu schweren Produktionseinbrüchen im Agrarsektor, dessen Exporte mehr als 40 Prozent zu den Deviseneinnahmen beisteuern. Simbabwes Wirtschaft ist insgesamt 2001 vermutlich um mehr als zehn Prozent geschrumpft. Sicher ist, dass der frühere afrikanische Musterstaat in puncto Wirtschaftsleistung mittlerweile hinter Tansania rangiert.

Noch bedrückender ist, dass über 60 Prozent der insgesamt gut ausgebildeten Bevölkerung arbeitslos sind. Hunderte von Betrieben haben geschlossen, weil sie wegen des künstlich hoch gehaltenen Wechselkurses keine Rohstoffe und Ersatzteile kaufen können. In den Staatshospitälern, die Simbabwes schwarze Bevölkerung versorgen, fehlt es wegen des chronischen Devisenmangels an allem: Antibiotika, Blutkonserven, Röntgenfilme und OP-Kleidung sind nicht vorhanden. Krankenhäuser wie das Mpilo Central Hospital in Bulawayo, das einst zu den besten in ganz Afrika gehörte, führen deshalb auch kaum mehr Operationen durch, sondern behandeln nur noch absolute Notfälle.

NAME

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false