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Wahlcomputer in Hessen

© ddp

Hessen-Wahl: Abstimmung auf Knopfdruck ist umstritten

Der Chaos-Computer-Club hat gegen den Einsatz von Wahlmaschinen geklagt: Sie seien leicht zu manipulieren. Das kann umso entscheidender sein, da ein knapper Wahlausgang erwartet wird.

Auf "seine" Wahlcomputer lässt Clemens Laub nichts kommen. "Wir haben die Geräte als erste Kommune in Hessen 2004 angeschafft und sie seither bei vier Wahlen eingesetzt. Dabei gab es keinerlei Probleme, die Maschinen sind schnell und zuverlässig", sagt der Hauptamtsleiter von Alsbach-Hähnlein.

Ob die Wähler in der südhessischen Gemeinde und in sieben weiteren Kommunen bei der Landtagswahl erneut per Knopfdruck abstimmen dürfen, ist aber noch unklar. Denn der Chaos Computer Club (CCC) ist gerichtlich gegen den Einsatz der Wahlcomputer am 27. Januar vorgegangen. Die Geräte seien "unsicher und manipulationsanfällig", hieß es zur Begründung.

Computer sind manipulationsanfällig

Das Urteil des Staatsgerichtshofs in Wiesbaden wird in den kommenden Tagen erwartet. Dem CCC ist vor allem die fehlende Transparenz bei den Computern ein Dorn im Auge: "Der Wähler kann nicht erkennen, ob das Gerät, an dem er seine Stimme abgibt, manipuliert wurde", sagt Club-Sprecher Frank Rieger. Der CCC habe Programme so umgeschrieben, dass die Stimmenzählung verfälscht wurde, ohne dass dies von außen erkennbar sei. "Jeder Informatikstudent kann das problemlos", betont Rieger. In den Niederlanden seien die praktisch baugleichen Computer wegen der Unsicherheiten bereits komplett ausgemustert worden.

Allerdings bestreitet selbst der CCC nicht, dass der Wahlbetrug über die Computer nicht im großen Stile erfolgen könne: Die Geräte sind nicht vernetzt, jeder Wahlcomputer müsste einzeln manipuliert werden. Aber selbst wenige ergaunerte Stimmen könnten gravierende Folgen haben. Denn der Streit um die Maschinen gewinnt durch den denkbar knappen Wahlausgang, den die Umfragen prognostizieren, zusätzliche Brisanz.

Knapper Wahlausgang erwartet

"Schon wenige hundert Stimmen in die eine oder andere Richtung könnten das Ergebnis entscheidend verändern", gibt der grüne Landtagsabgeordnete Jürgen Frömmrich zu bedenken: "Bei Wahlcomputern ist im Nachhinein nicht nachvollziehbar, wie ein Ergebnis zustande gekommen ist. Keiner weiß, ob es stimmt."

Diese Sorgen teilen die Verantwortlichen in den Rathäusern nicht. "Die Wahlmaschinen arbeiten zu hundert Prozent zuverlässig, und sie sind sicher", sagt Langens Bürgermeister Dieter Pitthan (SPD). Eine vom Land angeordnete Probeabstimmung Mitte Januar habe gezeigt, dass "die Wahlmaschine dem Auszählen per Hand klar überlegen ist". Das gelte nicht nur für die Schnelligkeit, denn die Geräte spucken das Wahlergebnis nach zwei Minuten aus, während eine Handzählung Stunden dauern kann. Auch Zählfehler seien von Hand wahrscheinlicher.

Die Geräte, an denen etwa 130.000 der insgesamt rund 4,4 Millionen Wahlberechtigten in Hessen ihre Stimme abgeben sollen, bilden einen herkömmlichen Wahlzettel auf einem Bildschirm ab, die Stimmabgabe erfolgt per Fingerdruck. Derzeit stehen die umstrittenen Maschinen noch versiegelt hinter Sicherheitstüren, die Speicherkarten werden in Tresors gelagert.

Noch nie zuvor Manipulationen in Deutschland

"Eigentlich könnten die Geräte nur am Wahltag manipuliert werden. Aber dafür müssten die massiven Siegel vor den Augen des Wahlvorstands an jedem einzelnen Computer beschädigt und das Speichermodul ausgetauscht werden", sagt Michael Fleischer, Gemeindewahlleiter in Viernheim. Der Praktiker betont: "In Deutschland hat es noch nie einen konkreten Verdacht auf Manipulation gegeben." Kollege Laub fügt hinzu: "Selbst wenn die Mitglieder des Wahlvorstands geschlossen einschlafen würden, fiele auf, dass das Siegel beschädigt wurde."

Der CCC hält diese Argumentation für ein Ablenkungsmanöver, wie Rieger betont: "Wahlfälscher sind meistens Innentäter aus dem Rathaus. Nicht der dahergelaufene Wähler hat Interesse an einem Wahlbetrug, sondern die Leute im Politikbetrieb."

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