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Politik: Hinter den Linden: Einmal ganz Ohr

Es ist ja nicht ganz falsch, wenn Politiker-Rundreisen durch die Republik als reine PR-Touren verlacht werden. Manchmal aber scheint es sich doch zu lohnen, wenn Politiker ihre Elfenbeintürme rund um den Reichstag verlassen, um zu erkunden, was das Land wirklich bewegt.

Es ist ja nicht ganz falsch, wenn Politiker-Rundreisen durch die Republik als reine PR-Touren verlacht werden. Manchmal aber scheint es sich doch zu lohnen, wenn Politiker ihre Elfenbeintürme rund um den Reichstag verlassen, um zu erkunden, was das Land wirklich bewegt. Dass er aber ausgerechnet auf den steinigen Hinterhöfen des Prenzlauer Bergs zu Berlin in die Geheimnisse der modernen Landwirtschaft eingeweiht würde, hätte der Bundeskanzler wohl nicht erwartet. Jedenfalls besuchte Gerhard Schröder bei seinem Kiez-Bummel am Mittwoch auch die bescheidenen Räumen der Firma Biopsytec. Deren Geschäftsidee ist ebenso simpel wie genial: Es geht um Rinderohren. Und um Schweineohren. In die werden bekanntlich kleine Ohrmarken gerammt.

Die Firma hat dafür eine spezielle PiercingZange entwickelt, mit der beim Setzen der Marken zugleich eine handliche Gewebeprobe entnommen wird. Mit dieser Probe und der dazugehörigen Software für zentrale Datenbanken ist es möglich, die Herkunft des Tieres zu bestimmen. Auch wenn es noch eingeschweißt in der Kühltruhe schläft.

Genutzt wird die Technik bisher aber nur im Ausland. Da war der Kanzler ganz Ohr. "Wir haben doch heute morgen noch dieses Öko-Siegel im Kabinett verabschiedet", sagte er, um gleich von Firmenchef Heuermann zu erfahren, dass das Siegel zwar gut und schön sei, aber im Gegensatz zu seiner Methode die Herkunft des Tieres nicht garantieren könne. Schröder setzte sein Das-ist-ja-ein-Ding-Gesicht auf und versprach, seine Ministerin Künast bald mal vorbeizuschicken. Dann musste der Kanzler weiterziehen, nicht ohne sich beim Hinausgehen am Ohr zu kratzen.

Markus Feldenkirchen

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