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Politik: Hinter den Linden: Überall ist Sauerland

Gestern aufrüttelndes Erlebnis gehabt. Ahnungslos mit U-Bahn nach Mitte gefahren, Unter Linden ausgestiegen.

Von Robert Birnbaum

Gestern aufrüttelndes Erlebnis gehabt. Ahnungslos mit U-Bahn nach Mitte gefahren, Unter Linden ausgestiegen. Vor Hotel Adlon in Menschenansammlung geraten. Erst an Demo gedacht, aber dann mittendrin einen mit Pappnase gesehen. Genauer hingeguckt und noch fünf weitere entdeckt, außerdem vier mit buntem Hut. Weiter vorne seltsamer Vogel in kunterbuntem Anzug mit roter Perücke, farbverschmiertem Gesicht und Krücke. Schienen alle auf etwas zu warten. Mitgewartet. Polizeiwagen mit Blaulicht, Polizei auf Pferd. Doch Demo?

Aber dann: Blasmusik, komisch angemalte Autos, noch mehr seltsame Vögel, nur ohne Krücke. Auf einmal Bonbon gegen den Kopf gekriegt! Und da schlagartig erinnert: Früher schon mal Ähnliches mitgemacht. Schwere Kindheit, weil im Sauerland großgeworden. Jedes Jahr zu Rosenmontag als Cowboy verkleidet und mit Vater zu Karnevalsumzug. Zaghaft zusammen "Helau" gerufen. Einzige in zehn Meter Umkreis gewesen. Hinter Vater verkrümelt, schnell Kamelle eingesammelt und in Tüte verstaut. Schnell nach Hause, Berliner gefuttert, Fernseher angemacht und "Rosenmontag am Rhein" geguckt. Total neidisch. Traumatisches Erlebnis. Jahrelang verdrängt.

Und jetzt das hier. Probeweise zaghaft "Helau" gerufen. Schon wieder Einziger in zehn Meter Umkreis! Dann noch bisschen stehengeblieben und tapferen Narren auf Festwagen zugewinkt. Beinahe geheult vor Rührung. Sauerland ist eben überall. Anschließend sofort nach Hause gegangen, Pfannkuchen gefuttert und im Fernsehen WDR angeschaltet. Live-Übertragung von Kölner "Schull- un Veedelszoch" geguckt. Total neidisch.

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