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Politik: Hinter den Linden: Waffenschau

"Zu Dionys, dem Tyrannen, schlich Damon, den Dolch im Gewande" - was haben wir über jene Ballade einst für Besinnungsaufsätze schreiben müssen! Über die Freundschaft, über die Berechtigung des Tyrannenmords sowie das Wesen der Politik im engeren und weiteren Sinne.

Von Robert Birnbaum

"Zu Dionys, dem Tyrannen, schlich Damon, den Dolch im Gewande" - was haben wir über jene Ballade einst für Besinnungsaufsätze schreiben müssen! Über die Freundschaft, über die Berechtigung des Tyrannenmords sowie das Wesen der Politik im engeren und weiteren Sinne...

Und nun läuft uns also ein ziemlich prominenter Politiker über den Weg, mitten im modernen Berlin, der trägt einen Dolch - nein, ganz so ist es ja dann doch nicht! Rainer Brüderles Schweizer Taschenmesser, Ausgabe "Classic" mit sieben Funktionen, geht kaum als Dolch durch. Auch steckt es schlicht in der Hosentasche.

Aber Brüderle schwört darauf, dass so ein kleines Ding impolitischen Leben nützliche Dienste tut. Der Zahnstocher aus Plastik hat schon aus mancher Verlegenheit beim Buffet-Empfang geholfen. Mit der Schere lassen sich Zeitungsartikel ausschneiden. Die Pinzette, erläutert der FDP-Vize treuherzig, eigne sich zum schonenden Entfernen von Schrotkugeln - man muss unter Parteifreunden mit Querschlägern rechnen. Und die Messerklinge - fünf Zentimeter sind fünf Zentimeter! Es ist natürlich purer Zufall, dass in dem Moment, in dem Brüderle vorführt, wie bedrohlich der Stahl zumindest blinken kann, Jürgen W. Möllemann den Raum betritt. Auch ist es sicher völlig bedeutungslos, dass der scheidende FDP-Chef Wolfgang Gerhardt nur wenig später versichert, er fechte lieber mit dem Florett als mit dem Säbel.

Und doch sollten wir das Präsidium der Freien Demokraten scharf im Auge behalten, wenn demnächst beim FDP-Parteitag der Tagesordnungspunkt "Kanzlerkandidat" aufgerufen wird.

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