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Politik: Höhere Strafe folgt

Nach Ansicht des BGH half Motassadeq den Attentätern vom 11. September – ein neues Urteil ist gefordert

Von Frank Jansen

Einer der Hamburger Komplizen der Attentäter des 11. September 2001, Mounir al Motassadeq, muss sich auf eine deutlich höhere Strafe einstellen. Der Bundesgerichtshof (BGH) in Karlsruhe hat am Donnerstag das Urteil des Hamburger Oberlandesgerichts gegen den Marokkaner erheblich verschärft. Der Angeklagte sei nicht nur der Mitgliedschaft in einer terroristischen Vereinigung schuldig, sondern auch der Beihilfe zum 246-fachen Mord, verkündete der Vorsitzende Richter des 3. Strafsenats des BGH, Klaus Tolksdorf. Das Hamburger Gericht hatte Motassadeq im August 2005 zu sieben Jahren Haft verurteilt, ihm aber nur angelastet, er habe zur Zelle um den Terrorpiloten Mohammed Atta gehört. Dagegen hatten die Bundesanwaltschaft und die Nebenkläger aus den USA, Angehörige von Opfern der Anschläge, Revision eingelegt. Die Verteidiger wollten eine Aufhebung des Urteils, weil es ihnen zu hart erschien.

Der BGH hält es auch für erwiesen, dass Motassadeq den Tod von 246 Menschen, also der Passagiere und des Bordpersonals der am 11. September 2001 in den USA entführten vier Flugzeuge, mitzuverantworten hat. Motassadeq habe „durch die Übernahme organisatorischer Aufgaben die Begehung der Attentate erleichtert und gefördert“, begründete Tolksdorf das Urteil des BGH. Motassadeq hatte unter anderem mit kleineren Finanztransfers die Attentäter unterstützt. Aber auch wer eine Tat „nur wenig fördert, macht sich der Beihilfe schuldig“, sagte Tolksdorf. Dass ein Verteidiger Motassadeqs bei der mündlichen Verhandlung vor dem BGH im Oktober den Tatbeitrag des Marokkaners mit dem Gewicht eines „Schwanenflaums“ verglichen hatte, „dürfte nicht nur den Nebenklägern verfehlt erscheinen“, monierte Tolksdorf.

Der Strafsenat verzichtete jedoch darauf, den Schuldspruch auf den Tod aller Opfer des 11. September, insgesamt mehr als 3000, auszuweiten. Laut Tolksdorf ist nicht zu beanstanden, dass die Hamburger Richter keine ausreichenden Beweise für den Vorwurf der Bundesanwaltschaft sahen, Motassadeq habe die Pläne für den Angriff auf World Trade Center und Pentagon gekannt. Der BGH hält auch insgesamt die Beweiswürdigung des Hanseatischen Oberlandesgerichts für „rechtsfehlerfrei“. Nur die Konsequenzen, die es in seinem Urteil zog, reichen nach Ansicht des BGH nicht aus.

Die Karlsruher Richter wollten aber selbst kein anderes Strafmaß festsetzen. Das Hamburger Oberlandesgericht muss nun erneut einen Prozess gegen Motassadeq ansetzen. Das wäre dann der dritte, er wird aber wahrscheinlich nicht allzu lange dauern. Der BGH trug den Richterkollegen nur auf, die Höhe der Haftstrafe neu zu bestimmen. Da Motassadeqs Schuld nach der Entscheidung des BGH erheblich schwerer wiegt, könnte das Hamburger Gericht die Strafe auf maximal 15 Jahre Haft erhöhen.

Ein Urteil in dieser Höhe hatten die Richter der Hansestadt bereits 2003 gefällt. Der BGH hob es 2004 wegen Mängeln in der Beweisführung auf, in Hamburg war dann ein zweiter Prozess notwendig. Geht es nach den Verteidigern Motassadeqs, könnten auch nach der nun anstehenden dritten Hauptverhandlung weitere Prozesse folgen. „Wir geben nicht auf“, sagte Anwalt Laszlo Anisic, „notfalls gehen wir zum Bundesverfassungsgericht und zum Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte“. Bundesanwalt Gerhard Altvater und die Anwälte der Nebenkläger zeigten sich nach dem Urteil des Bundesgerichtshofs hochzufrieden.

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