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Politik: Immer recht freundlich

Berlusconi unterstützt Schröders Haltung zur EU-Erweiterung und zur Türkei

Von Hans Monath

Das wichtigste Thema spielte offenbar gar keine Rolle. Ganz Italien debattiert das Urteil gegen Ex-Premier Giulio Andreotti, doch beim Besuch von Ministerpräsident Silvio Berlusconi bei Gerhard Schröder am Dienstag wurde der Fall nach Auskunft des Kanzlers gar nicht behandelt. Zwar weiß Schröder, dass sein Gast im eigenen Interesse die Dritte Gewalt beschneidet. Das Aussparen des Punktes erklärte der Gastgeber damit, dass es „völlig unüblich“ wäre, wenn ein Bundeskanzler sich in die italienische Rechtsprechung einmischen würde.

So konnten Schröder und sein Gast denn auch Übereinstimmung in fast allen Punkten verkünden: Italien unterstützt die deutsche Haltung, wonach bei der EU-Erweiterung die Agrarausgaben eingefroren werden müssen. Beide seien der Auffassung, dass die „materielle Basis“ der Erweiterungsentscheidung nicht mehr verändert werden dürfe, sagte Schröder. Auch in der Türkei-Frage sieht sich Berlin von Berlusconi unterstützt: Beide Regierungen hätten großes Interesse daran, das Land eng an die EU zu binden, sagte Schröder. Nur in der Industriepolitik gebe es zwischen Rom und Berlin noch geringe Differenzen.

Eine Geste des Wohlwollens gegenüber dem Gast war dann der Vorschlag des Kanzlers, wonach die Regierungskonferenz, die über die Ergebnisse des EU-Verfassungskonvents verhandelt, in der italienischen Hauptstadt tagen soll. Den Vorschlag begründete Schröder mit der Geschichte Europas und der Tatsache, dass die Europäische Gemeinschaft in Rom ins Leben gerufen worden war.

Nicht zur Sprache kam offensichtlich, dass beide Regierungschefs von ganz ähnlichen Problemen geplagt werden: Auch Berlusconi kämpft mit einem Vertrauensverlust. Mehr als zwei Drittel der Italiener werfen ihm vor, er habe seine Wahlversprechen gebrochen. Und auch in Italien explodieren die Kosten der Sozialversicherung. Aber während sich Berlusconi immer wieder um Blickkontakt bemühte, wirkte sein Gastgeber häufig fast abwesend, wenn er nicht sprach.

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