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Politik: In armen Ländern verdoppelt sich die Bevölkerung

UN sagen dramatische Entwicklung bis 2050 voraus Jedes Jahr weltweit 78 Millionen Menschen mehr

Berlin - Die Menschheit wächst jedes Jahr fast um die Größe der Bevölkerung Deutschlands. Betroffen sind davon jedoch allein die ärmsten Länder der Welt. 78 Millionen Menschen kommen pro Jahr hinzu. Das zeigen die aktuellen Zahlen der UN-Bevölkerungsabteilung, die die Deutsche Stiftung Weltbevölkerung (DSW) am Dienstag in Berlin vorgestellt hat. Im Jahr 2050 werden demnach 9,2 Milliarden Menschen auf der Erde leben, 2,5 Milliarden mehr als heute. Die Bevölkerung wächst in Zukunft jedoch ausschließlich in den Entwicklungsländern. „Vor allem die am wenigsten entwickelten Länder wachsen immer noch rasant und sind dadurch in der Armutsfalle gefangen“, erklärte DSW-Sprecherin Catherina Hinz. In den 50 ärmsten Ländern der Welt werde sich die Bevölkerung bis 2050 von 0,8 auf 1,7 Milliarden Menschen mehr als verdoppeln, in Ländern mit überproportional vielen jungen Menschen, wie Afghanistan oder Kongo, sogar verdreifachen.

In den ärmsten Ländern verläuft der Geburtenrückgang langsamer als bislang angenommen. Armut und mangelnde Bildung sind die Hauptursachen. „Gerade bei den armen Bevölkerungsschichten ist das Bevölkerungswachstum am höchsten“, sagte Hinz. Drei Viertel der Afrikaner hätten weniger als zwei Dollar am Tag zum Leben. Dort, wo schon heute die Not am größten ist, müssen also künftig doppelt so viele Menschen versorgt werden.

„Das Bevölkerungswachstum und die Folgen des Klimawandels sind dramatische Herausforderungen für die Ärmsten der Armen“, kommentierte der Staatssekretär im Entwicklungsministerium, Erich Stather, die Prognose. „In den Entwicklungsländern müssen deshalb Männer und Frauen dringend einen besseren Zugang zu Familienplanung bekommen. Das Recht auf sexuelle Selbstbestimmung muss endlich verwirklicht werden. Insbesondere müssen Frauen selbst darüber entscheiden können, wie viele Kinder sie haben möchten“, sagte Stather dem Tagesspiegel. Voraussetzung dafür seien bessere Bildungschancen für Frauen. Auch Hinz forderte, Maßnahmen zur Familienplanung stärker zu fördern. Die rasant wachsende Bevölkerung überfordere bereits heute die Gesundheits- und Bildungssysteme vieler Entwicklungsländer. Die UN gehen davon aus, dass die durchschnittliche Geburtenrate in den Entwicklungsländern in den nächsten 43 Jahren von heute 2,75 auf 2,05 Kinder pro Frau sinken wird. „Aber um dieses Ziel zu erreichen, wären allein in Afrika zusätzliche Investitionen von 70 Millionen US-Dollar pro Jahr in Familienplanungsdienste notwendig“, erklärte Hinz.

Europa ist laut UN-Schätzung die einzige Region der Welt, die bis 2050 von einem Rückgang der Bevölkerung geprägt sein wird. Aufgrund historisch niedriger Kinderzahlen pro Frau werde Europa bis zur Jahrhundertmitte um 67 Millionen Menschen schrumpfen.

Der größte Teil der Menschheit wird auch in Zukunft in Asien leben. Dort wächst die Bevölkerung bis 2050 voraussichtlich um weitere 1,3 Milliarden auf 5,3 Milliarden, schätzen die UN. Schon 2025 wird China als bevölkerungsreichstes Land von Indien abgelöst. Indien wächst bis dahin um 524 Millionen Menschen, China nur um 96 Millionen.

Ein weiterer Trend ist laut UN die deutliche Alterung der Weltbevölkerung bis 2050. Weltweit werde sich die Zahl der über 60-Jährigen von 673 Millionen auf zwei Milliarden verdreifachen. In den Industrieländern werde sich der Anteil der über 60-Jährigen von einem Fünftel auf ein Drittel der Bevölkerung erhöhen.

Sebastian Gierke

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