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Irak: Erste Aussagen im Saddam-Prozess

In Bagdad werden im neuen Prozess gegen Saddam Hussein die ersten Zeugen gehört. Ein Kurde hat von Giftgasangriffen im Norden des Irak berichtet.

Bagdad - Im Völkermordsverfahren gegen den früheren irakischen Präsidenten, Saddam Hussein, hat der erste Zeuge der Anklage ausgesagt. Der Kurde Ali Mustafa Hama berichtete vor Gericht, wie die irakische Luftwaffe im April 1987 einen Giftgasangriff auf zwei Dörfer im Norden des Landes verübt habe: "Die Explosionen waren nicht sehr stark, aber kurz darauf ist eine grüne Wolke aufgestiegen." Binnen weniger Minuten habe es "nach verfaultem Apfel oder Knoblauch" gerochen. Viele Menschen hätten sich übergeben müssen, und ihre Augen hätten stark gebrannt. "Viele von ihnen sind gestorben."

Angeklagte zeigen keine Reaktion

Die Aussage des Zeugen rief bei Saddam Hussein und den sechs weiteren Angeklagten keine Reaktionen hervor. Neben dem früheren Staatschef muss sich unter anderem auch sein Cousin vor Gericht verantworten, Ali Hassan el Madschid alias "Chemie-Ali", der für Giftgasangriffe verantwortlich gemacht wird. Die Anklage will in dem am Montag eröffneten Verfahren beweisen, dass die irakische Führung zwischen 1987 und 1988 bewusst einen Völkermord im kurdischen Norden des Landes begehen wollte. In den Kurdengebieten kamen seinerzeit vor allem durch Giftgaseinsätze mehr als 100.000 Menschen ums Leben.

Die Verteidigung macht dagegen geltend, dass die Armee mit dieser Strategie einem Kleinkrieg im Norden des Landes begegnet sei. Einer der Angeklagten, der frühere Leiter des Militärgeheimdienstes, gab vor Gericht an, dass die Kurden "Hand in Hand" mit den Iranern gekämpft hätten und der Iran in das Nachbarland eindringen wollte. "Wir hatten Informationen, wonach die iranischen Streitkräfte im Norden der Region als Saboteure gewirkt haben", erklärte Sabir el Duri. Der Irak lag 1988 seit fast acht Jahren mit dem Iran im Krieg.

Gezielte Angriffe auf Zivilisten

Saddam Hussein soll seinem Cousin seinerzeit den Befehl gegeben haben, gegen die Kurden vorzugehen, die sich mehr und mehr seiner Kontrolle entzogen. Mindestens acht Offensiven unternahmen irakische Sicherheitskräfte in der groß angelegten Aktion gegen die Kurdengebiete. Dabei soll die Armee gezielt gegen Zivilisten vorgegangen sein.

Das neue Verfahren gegen Saddam Hussein könnte bis Mitte Dezember beendet sein. Im einem ersten Prozess wegen eines Massakers an Schiiten im Jahr 1982 soll das Urteil am 16. Oktober fallen. Sollte der frühere Staatschef schuldig gesprochen und zum Tode verurteilt werden, könnte er dagegen Einspruch einlegen. Wird dieser aber abgewiesen, könnte der 69-Jährige hingerichtet werden. Das zweite Verfahren würde dann ohne ihn weitergehen. (tso/AFP)

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