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Politik: Irans Studenten wollen nicht warten

Mullahs vermuten die USA hinter den Massenprotesten

„Panzer, Artillerie und Kanonen haben keine Macht mehr“, brüllten Tausende iranischer Studenten am Donnerstag vor der Teheraner Universität. Tausende Demonstranten schlossen sich den Jugendlichen an, die das Regime der Geistlichen attackierten. In der Nacht zum Freitag gingen die Proteste weiter. Die Studenten forderten ein Referendum über die politische Zukunft Irans. Immer häufiger erklangen die Rufe nach dem Rücktritt Mohammed Chatamis, gar nach seinem Tod. Ihrem langjährigen Idol hatte die iranische Jugend 1997 zur Präsidentschaft verholfen. „Habe den Mut zum Rücktritt“, drängten die Studenten Chatami nun, der sie bei der Erfüllung seiner Reformversprechen bitter enttäuscht hat. Die Polizei trieb die Demonstranten nach Augenzeugenberichten schließlich mit Schlagstöcken auseinander.

Der frühere Präsident Akbar Haschemi Rafsandschani bezeichnete die Demonstranten bei den Freitagsgebeten als „anti-revolutionäre Elemente“, die von den USA gefördert würden. Zuvor hatte der Sprecher des amerikanischen Außenministeriums, Richard Boucher, die Freilassung iranischer Demonstranten gefordert. Mit der Festnahme von mehr als 80 Demonstranten stellten die Sicherheitsbehörden klar, dass sie die Jugend wenn nötig mit Gewalt zu zähmen gedenken. Schon vor Tagen hatten die Konservativen ein Komitee gegründet, das für den 9. Juli befürchtete Massenkundgebungen in Erinnerung an blutige Studentendemonstrationen vor vier Jahren unterdrücken sollte. Die Situation erweist sich für das Regime als äußerst kritisch. Irans Studentenbewegung, wiewohl durch massive Repression zersplittert, hatte in der Geschichte des Landes mehrmals politische Umwälzungen entscheidend mitgetragen. „Unsere Gesellschaft gleicht heute einem mit Gas gefüllten Raum, der beim kleinsten Funken in Flammen aufgeht“, meint düster ein reformorientierter Abgeordneter.

Birgit Cerha

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