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Islam-Konferenz: Schäuble lädt zum Runden Tisch

Die Bundesregierung versucht mit der Islam-Konferenz das Verhältnis von Muslimen und Nicht-Muslimen "auf eine tragfähige Grundlage" zu stellen. Doch noch immer wird darüber gestritten, wer die Muslime in Berlin vertreten darf.

Berlin - Der Dialog zwischen Islam und deutschen Regierungsstellen soll endlich in Gang kommen - das wünschen beide Seiten. Bund, Länder und Kommunen suchen seit Jahren nach anerkannten muslimischen Ansprechpartnern, und die islamischen Verbände in Deutschland wollen als solche Gesprächspartner akzeptiert werden. Am Mittwoch sollen beide Seiten auf Einladung von Bundesinnenminister Wolfgang Schäuble (CDU) erstmals an einem Tisch sitzen. Allerdings gibt es Streit darüber, wer die Muslime bei der "Deutschen Islam-Konferenz" in Berlin vertreten darf. Die vier größten islamischen Dachverbände kritisierten scharf, dass sie zusammen nur vier von 15 Vertretern auf muslimischer Seite stellen.

Die Themenliste für die Auftaktkonferenz am Mittwoch und die Folgetreffen ist lang. Die Regierungsseite will mit dem auf zwei bis drei Jahre angelegten Gesprächsprozess das Verhältnis von Muslimen und Nicht-Muslimen "auf eine tragfähige Grundlage" stellen. Dazu gehören laut Innenministerium neben einer verbesserten Integration der Muslime und dem Kampf gegen islamistischen Extremismus vor allem Regelungen für einen islamischen Religionsunterricht und die Ausbildung von Imamen in Deutschland. Schäuble hatte während der Vorbereitungen für das Treffen gesagt, am Ende des Gesprächsprozesses könne eine Art Gesellschaftsvertrag zwischen Muslimen und Staat stehen.

Eine Integration des Islam in die deutsche Staatsordnung wünschen sich auch die eingeladenen Verbände Türkisch-Islamische Union (DITIB), Islamrat, Zentralrat der Muslime und Verband der Islamischen Kulturzentren. Sie kritisierten aber in einer gemeinsamen Erklärung und in einem Brief an Schäuble, dass die Selbstorganisation der Muslime in den Moscheen nicht "zahlenmäßig angemessen" berücksichtigt werde. "Die Moscheegemeinde als zentrale Einheit der islamischen Religion muss immer der Ausgangspunkt der Frage nach repräsentativer Vertretung und rechtlicher Integration der Muslime sein", erklärten die Verbände.

Vorwürfe gegen Schäuble

Der Zentralrats-Generalsekretär Aiman Mazyek warf Schäuble in der "Netzeitung" vor, die muslimischen Verbände gegen einzelne Vertreter auszuspielen. "Es kann nicht angehen, dass der Staat das Guter-Muslim-Böser-Muslim-Spiel mitspielt. Hier die konservativen Verbände, dort die aufgeklärten Einzelpersonen." Trotzdem wollen die Verbände laut gemeinsamer Erklärung am Auftakt der Konferenz teilnehmen. Dahinter steckt allerdings die Mahnung, dass sie ihre Teilnahme später überdenken könnten.

Das Innenministerium betonte dagegen, dass der Teilnehmerkreis für die nächsten Jahre nicht fest sei. Es seien mehrere Arbeitsgruppen geplant, so dass sich die Zahl der Vertreter auf muslimischer Seite noch verändern könne. Keine Probleme mit der Zusammensetzung der Konferenzteilnehmer hat nach eigenen Angaben die Alevitische Gemeinde Deutschland (AABF). Sie ist einer von fünf geladenen Dachverbänden. Allerdings möchte die Alevitische Gemeinde nicht als Teil des Islam, sondern als unabhängige Glaubensgemeinschaft wahrgenommen werden. "Wir werden immer als liberale Muslime bezeichnet, aber wir sind eine eigenständige Religionsgemeinschaft", betont AABF-Generalsekretär Ali Ertan Toprak. Schätzung zufolge leben in Deutschland rund 500.000 Aleviten.

Kritik von Frauenrechtlerin Ates

Um ein möglichst breites Spektrum unterschiedlicher Stimmen zu hören, lud Schäuble zehn muslimische Vertreter aus Wirtschaft, Wissenschaft, Gesellschaft und Kultur ein. Sie sollen laut Innenministerium einen "modernen Islam" vertreten. Dazu gehören die Soziologin Necla Kelek und die Berliner Frauenrechtsaktivistin Seyran Ates, von denen eine scharfe Kritik an der Benachteiligung von Frauen in traditionell geprägten Kreisen zu erwarten ist. Ates hatte vor kurzem mit der Ankündigung für Aufsehen gesorgt, sie wolle wegen der Bedrohungen durch Verwandte ihrer Mandantinnen nicht länger als Anwältin arbeiten. Nachdem ihr unter anderem Begleitschutz zugesichert wurde, nahm sie von diesen Plänen Abstand.

Auch die Schriftsteller Navid Kermani und Feridun Zaimoglu und der Vorsitzende der nicht-religiösen Türkischen Gemeinde in Deutschland, Kenan Kolat, werden mit am Tisch sitzen. Sie alle dürften dafür sorgen, dass der angestrebte Dialog nicht nur zwischen Muslimen und Regierungsvertretern stattfindet, sondern auch unter den muslimischen Vertretern selbst. (Von Andreas Gorzewski, AFP)

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