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Gaza

© AFP

Israels Blockade gegen Gaza: Kein Brot, kein Wasser, kein Strom

Das einzige Kraftwerk liefert keinen Strom mehr, Schlangen bilden sich für einen Kanten Brot, in den Krankenhäusern frieren die Menschen - Israel spricht von Propaganda.

Morgen, sagt Chamis Akia, morgen schläft er aus: "Es gibt ja doch keinen Strom, kein fließendes Wasser und kein Brot", meint der Besitzer eines Falafel-Stands in Gaza. Seine Brotvorräte reichen noch für eine Stunde - dann ist Schluss mit dem Verkauf. Dabei warten die Menschen in langen Schlangen vor Akias Stand und vor den wenigen Bäckereien, die noch geöffnet haben. Viele Bewohner der Stadt haben sich schon in der Nacht angestellt. Allmählich wird die sonst so quirlige Stadt zu einem Notstandsgebiet, das wie gelähmt wirkt: Am Sonntag musste das einzige Kraftwerk im Gazastreifen heruntergefahren werden - wegen Brennstoffmangel, denn Israel hat eine Blockade über das Palästinensergebiet verhängt.    "Ich habe zwölf Kinder und kein Brot im Haus", klagt eine Frau: "Die Familie meiner Tochter hat zwar noch etwas, aber auch nicht mehr lange." Seit drei Stunden schon wartet sie in der morgendlichen Kälte vor einer Bäckerei. Ein Mann steht seit vier Uhr früh an: "Ich habe ja noch Glück, denn ich habe nur zwei Kinder", meint er und sagt dann: "Mehr als eine Million Menschen hier sind von den Bäckereien abhängig - aber die Weltgemeinschaft wartet, bis Seuchen ausbrechen, bevor sie etwas unternimmt." Und fügt hinzu: "Die Seuchen, die werden kommen, wenn das hier so weitergeht."    Ihre Kinder hätten Angst - auch vor der Dunkelheit am Abend, sagt die Frau in der Warteschlange: "Es gibt keinen Strom mehr, nur Kerzen", die Kleinen wüssten ja nicht, was geschehen sei. Als das Kraftwerk abgeschaltet wurde, das rund ein Drittel des Palästinensergebiets mit Strom versorgt, nahm die Dunkelheit Gaza in Besitz - nur hier und da brannte ein kleines Feuer auf den Gehsteigen, leuchteten Autoscheinwerfer durch die Straßen. In den Wohnungen brannten Kerzen, bis endlich die Sonne wieder aufging.

Zusätzliches Leiden für die Kranken
  
Die Krankenhäuser haben akute Schwierigkeiten, ihre Notdienste aufrechtzuerhalten. Der Chef des UN-Hilfswerks für palästinensische Flüchtlinge (UNRWA) in Gaza, John Ging, warnt, in den Kliniken produzierten die Generatoren gerade genug Strom, um die notwendigsten Geräte am Laufen zu halten. "Aber alle Stationen sind eiskalt, für die Kranken bedeutet das zusätzliches Leiden", sagt er. Alle Menschen im Gazastreifen seien in Not, und ihre Lage verschlechtere sich rasant, fügt UNRWA-Sprecher Christopher Gunness hinzu.
  
Wenn jemand von einer Krise im Gazastreifen rede, sei das reine Propaganda, hält der Sprecher des israelischen Verteidigungsministeriums, Schlomo Dror, dagegen: "Wir überprüfen die Situation ständig." Nach seinen Angaben gibt es keinen Plan, die Abriegelung in nächster Zeit aufzuheben. Israel begründet sie mit dem fortdauernden Raketenbeschuss seines südlichen Grenzgebiets aus dem Gazastreifen und gibt der radikalislamischen Hamas die Schuld, die das Palästinensergebiet seit Mitte Juni kontrolliert. "Es liegt an der Hamas zu entscheiden, ob sie weiterschießen wollen oder nicht", sagt Dror. Nach israelischen Armeeangaben zeigt die Blockade schon Wirkung - seit Freitag seien deutlich weniger Raketen auf Israel abgefeuert worden als zuvor.
  
Auch der Verkehr steht in Gaza inzwischen fast still, denn die Tanks der Minibusse und Taxis sind leer. Statt Autolärm ist das Brummen von Generatoren zu hören, auch wenn es nur eine Frage der Zeit ist, bis auch sie nicht mehr laufen. Kerzen werden knapp. Er habe schon tagelang keine Kerzenlieferung mehr bekommen, berichtet Musab el Jasori, dem ein kleiner Supermarkt gehört. Er sitzt weiter hinter der Kasse, doch der Laden ist düster - kein Strom. Dabei lief sein Geschäft zuletzt hervorragend: Die Kunden stürmten sein Geschäft zu Hamsterkäufen, nahmen mit, was sie an Konservendosen,  Zucker, Reis und Milch bekommen konnten. Auf den restlichen Waren aber wird er sitzen bleiben, denn seine Kühlschränke laufen längst nicht mehr.

Joseph Krauss[AFP]

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