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Politik: Italienerin frei – Retter erschossen

US-Truppen in Bagdad schießen auf Geheimdienstmitarbeiter aus Rom / Giuliana Sgrena leicht verletzt

Dramatisches Ende einer Geiselhaft: Die italienische Journalistin Giuliana Sgrena ist nach vier Wochen in den Händen ihrer Entführer im Irak wieder frei, doch einer ihrer Befreier bezahlte dafür mit dem Leben. Sgrena war am Freitag Abend drei Agenten des italienischen Militärgeheimdienstes Sismi übergeben worden. Auf dem Weg zum Flughafen in Bagdad, wo bereits ein aus Rom entsandtes Militärflugzeug auf die 56-Jährige Journalistin wartete, wurde das Auto mit den vier Italienern an einer Straßensperre von einem US-amerikanischen Kontrollposten angegriffen. Die Amerikaner eröffneten das Feuer.

Ein italienischer Offizier starb, seine Kollegen wurde verletzt. Giuliana Sgrena erlitt leichte Verletzungen an einer Schulter. Sie wurde sofort in ein Krankenhaus gebracht, wo ihr ein Splitter aus der Schulter entfernt wurde. Noch in der Nacht rechnete man mit ihrer Rückkehr nach Rom. Giuliana Sgrena war vor genau einem Monat, am 4. Februar, vor dem Universitätsgelände in Bagdad entführt worden, wo sie zuvor Flüchtlinge aus Falludscha interviewt hatte. Sie arbeitet als Redakteurin bei der linken römischen Tageszeitung „Il Manifesto“, aus dem Irak berichtete sie regelmäßig auch für die Hamburger Wochenzeitung „Die Zeit“.

Ihre Geiselnehmer, nach Erkenntnissen in Rom vermutlich Gefolgsleute des Regimes von Saddam Hussein, hatten vor zwei Wochen einer amerikanischen Nachrichtenagentur ein Video übersandt, in dem Giuliana Sgrena für den Abzug der 3000 italienischen Soldaten aus dem Irak plädierte. Ein Ultimatum wurde nicht gestellt. Der italienische Geheimdienst stand offenbar bereits seit einiger Zeit im Kontakt zu den Entführern. In den letzten Tagen hatten sich Hinweise auf eine bevorstehende Freilassung Sgrenas verdichtet. Am Dienstag hatte der irakische Innenminister erklärt, der Entführten gehe es den Umständen entsprechend gut, und es seien in allernächster Zeit positive Nachrichten zu erwarten. Der arabische Fernsehsender al Dschasira, der als erster die Freilassung der Italienerin verbreitet hatte, zeigte Stunden später ein Videoband, das offenbar kurz vor der Übergabe Sgrenas an die italienischen Agenten gefilmt worden war. Darauf ist die Journalistin hinter einem mit Früchten beladenen Tisch zu sehen, auf dem auch ein Band des Koran liegt. Sgrena dankt ihren Entführern für die gute Behandlung während der Wochen ihrer Geiselhaft. Die Tatsache, dass das Video offenbar vor der Übergabe vorbereitet wurde, deutet möglicherweise auf eine Lösegeldzahlung hin.

In der vergangenen Woche hatte die Regierung in Rom nach geheimdienstlichen Hinweisen auf bevorstehende weitere Entführungen die drei letzten italienischen Journalisten aus dem Irak zurückgerufen. Italiens Regierungschef Silvio Berlusconi sagte: „Unsere Freude über die Freilassung Giuliana Sgrenas hat sich in tiefen Schmerz verwandelt. Ein Leben ist unbezahlbar.“ Der getötete Geheimdienstoffizier hinterlässt zwei Kinder und eine Ehefrau, die am Regierungssitz Palazzo Chihi arbeitet. Berlusconi hat den amerikanischen Botschafter in Rom einbestellen lassen. „Für diesen schrecklichen Irrtum muss jemand die Verantwortung übernehmen“, erklärte der Ministerpräsident im Hinblick auf das dramatische Geschehen in Bagdad.

Birgit Schönau[Rom]

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