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Politik: Italiens Marine vor Libyens Küste?

Tripolis weigert sich aber, gemeinsam mit Rom gegen illegale Flüchtlinge vorzugehen / Gaddafi stellt Bedingungen

Rom. Italiens Ministerpräsident Silvio Berlusconi will Libyen bei der Bekämpfung der internationalen Schleppermafia helfen. Es kümmert ihn aber offenbar wenig, ob die Libyer seine Hilfe wollen oder nicht. Diesen Eindruck vermittelte zumindest eine Rede Berlusconis am Donnerstagabend vor den Senatoren der zweiten Kammer des italienischen Parlaments. In dieser Rede kündigte er an, italienische Soldaten an die libyschen Küsten zu schicken. Sie sollen dort in libyschen Gewässern den Schiffsverkehr kontrollieren und die Boote der Schlepperbanden vor ihrer Weiterfahrt nach Italien aufhalten.

Seit einigen Jahren bewachen die Italiener bereits die albanische Küste. Aufgrund eines Abkommens mit der Regierung in Tirana kontrollieren albanische und italienische Ordnungsbeamte sowie Soldaten gemeinsam die Adria. Seitdem ist die Zahl der Flüchtlinge, die von Albanien nach Italien gelangen wollen, zurückgegangen. Auch wenn sich das gesamte albanische Küstengebiet nicht rund um die Uhr bewachen lässt, „wurden die Fahrten verrosteter und lebensgefährlicher Schlepperschiffe doch wesentlich reduziert“, sagte der ehemalige linksdemokratische Innenminister Giorgio Napolitano.

Die Route über Albanien nach Italien wurde für die internationale Schleppermafia daher zunehmend problematischer. Dadurch haben sich neue Abfahrtsorte für Flüchtlingsschiffe etabliert. Durch einen Bericht des Auslandsgeheimdienstes hat das römische Innenministerium von Schiffen erfahren, die aus Ägypten nach Süditalien kommen. Sie lassen ihre Menschenfracht vor allem in Apulien, Kalabrien und Sizilien an Land. Nicht wenige illegale Einwanderer gelangen auch über Spanien und Südfrankreich nach Norditalien. Sie stammen zumeist aus Marokko und kommen über Gibraltar nach Europa.

Die meisten Flüchtlinge aber wählen die Route über Libyen an die süditalienischen Küsten. Libyen ist seit zirka zwei Jahren zum bevorzugten Brückenkopf zwischen Einwanderern aus Schwarzafrika und Italien geworden. Das Innenministerium will erfahren haben, dass die Schlepperbanden selbst Kurden und Asiaten zunächst in das nordafrikanische Land transportiert, um sie von dort aus nach Italien zu bringen. Besonders viele illegale Einwanderer kommen im Sommer mit Hilfe von Schleppern und ihren Kähnen nach Italien, denn in den heißen Monaten ist die Fahrt von Nordafrika nach Italien relativ ungefährlich, weil die See nur selten stürmisch ist.

Berlusconi drängt Libyen nun auf ein Abkommen, das dem mit Albanien ähnelt. Doch Muammar al Gaddafi lehnt ab. Durch seinen Botschafter in Rom ließ er die italienische Regierung wissen, dass diese sich zunächst dafür einsetzen soll, dass das in den 80er Jahren gegen Libyen verhängte Handelsembargo aufgehoben wird. Solange das nicht geschehe, so die Drohung aus Tripolis, werde es kein Abkommen in puncto Küstenwache geben.

Thomas Migge

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