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Abe

© dpa

Japan: Neue Regierung mit alten Gesichtern

Japans Premier Abe hofft durch die Kabinettsumbildung auf mehr Popularität. Mit der Neubesetzung des Kabinetts könnte er seine Chance bereits verspielt haben.

Japans Premier Shinzo Abe hat am Montag mit einer Kabinettsumbildung versucht, sich aus politisch schwierigem Fahrwasser zu manövrieren. Zwei Tage vor dem Besuch von Kanzlerin Angela Merkel ersetzte er Außenminister Taro Aso durch Nobutaka Machimura, einen erfahrenen Politikveteranen. Doch gerade mit der Konzentration auf bekannte Gesichter hat Abe laut Experten die Chance verspielt, einen Neuanfang zu wagen. Machimura beispielsweise war vor drei Jahren unter Abes Vorgänger Außenminister. Auch innerhalb der regierenden Liberaldemokratischen Partei (LDP) wechselte Abe Spitzenposten aus.

Was Fukushiro Nukaga als neuen Finanzminister betrifft, ist die Frage, ob er die Öffnung und Modernisierung Japans weiter vorantreibt, die zu dem starken Wachstum beigetragen hat. Nukaga kennt sich mit Wirtschaft aus, ist aber bereits zweimal wegen Skandalen aus Ministerämtern geflogen. Im Juli 2006 erregte er als Verteidigungsminister die Gemüter durch den Vorschlag, Japan solle sich Atomwaffen zulegen.

An die Schaltstelle seiner Regierung setzt Abe einen Parteifreund mit klarerem Wirtschaftsprofil: Der 69-jährige Kaoru Yosano wird Kabinettschefsekretär – vergleichbar mit dem deutschen Kanzleramtsminister. Yosano kann ebenfalls eine lange Liste von Ministerposten vorweisen. Er steht für unpopuläre, aber überfällige Reformen wie die Erhöhung der Mehrwertsteuer, um den Schuldenabbau voranzutreiben. Der Reformer Yosano sei eine wirklich gute Wahl gewesen, sagt ein Finanzmanager. Verteidigungsminister wird der etwas farblose Ex-Justizminister Masahiko Komura. Interessanter ist dagegen die Ernennung Yoichi Masuzoes zum Gesundheits- und Sozialminister: Der weltgewandte Politiker hat nach der Wahl im Juli lautstark Abes Rücktritt gefordert.

Für Merkel dürfte interessant sein, ob die Kabinettsumbildung Abes politisches Überleben sichern kann. Dessen Zukunft ist nach Verlust einer Wahl Ende Juli unklar. Im Oberhaus regiert seitdem die Demokratische Partei Japans (DPJ) gegen die LDP. Jetzt fordern neben der Opposition auch LDP-Mitglieder und die Mehrheit der Wähler Abes Rücktritt. Beobachter sind skeptisch, ob die neuen Minister Abe den erhofften Schub bringen. „Obwohl im Kabinett einige einflussreiche LDP-Politiker sind, hat Abe keine echte Überraschung präsentiert“, sagt Politologe Yasunori Sone von der Keio-Universität. Er erwartet, dass sich die Zustimmungsrate für Abes Regierung ein bisschen erholt – „aber nicht sehr“.

Auch in der LDP hat Abe die Topposten neubesetzt – hier mit bekannten Gesichtern. Generalsekretär wird der bisherige Außenminister Taro Aso – wie Abe der Spross einer Politikerdynastie. Den einflussreichen LDP-Rat für politische Grundsatzfragen leitet nun ein Anhänger des freien Marktes, Nobuteru Ishihara.

Finn Mayer-Kuckuk[Tokio]

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