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© dpa

Jemen: Was die Feuerpause wert ist

Seit Freitag schweigen im Jemen weitgehend die Waffen, der Bürgerkrieg im Norden des Landes scheint beendet. Wie belastbar ist diese Feuerpause, und was könnte das für die deutschen Geiseln bedeuten?

Im Jemen schweigen die Waffen. Die zwischen der Zentralregierung in Sanaa und den Houthi-Rebellen vereinbarte Feuerpause wurde am Wochenende weitgehend eingehalten. Nach sechs Monaten Bürgerkrieg im Norden des Landes gibt es also wieder Hoffnung auf Frieden. Die Aufständischen zogen sich nach eigenen Angaben von dem Flughafen in Saada zurück und bereiteten die Freilassung saudischer Soldaten vor, die ihnen bei Grenzgefechten in die Hände gefallen waren. Um wie viele Geiseln es sich handelt, sagte ein Rebellensprecher nicht. Unklar ist auch, ob in die Verhandlungen bereits die fünf deutschen und die eine britische Geisel einbezogen sind, die im Juni gekidnappt worden waren. Nach Angaben der jemenitischen Regierung wurden sie zuletzt in Saada festgehalten, der Hauptstadt der Bürgerkriegsprovinz.

Seit August 2009 tobten die erbitterten Kämpfe, die hunderten Menschen das Leben kosteten und mehr als 300 000 obdachlos machten. Denn diesmal ging die jemenitische Armee aufs Ganze. Mit ihrer „Operation verbrannte Erde“ wollte sie die schiitischen Rebellen ein für allemal zur Kapitulation zwingen. Zeitweise schaltete sich auch Saudi- Arabien mit Artillerie und Luftangriffen ein. 133 saudische Soldaten starben, fünf befinden sich nach offiziellen Angaben aus Riyadh seit November in der Gewalt der Houthis.

Die fünfköpfige Familie aus Sachsen dagegen war zusammen mit zwei jungen deutschen Praktikantinnen, einer koreanischen Lehrerin und einem britischen Ingenieur bereits im Juni 2009 bei einem gemeinsamen Picknick überfallen worden. Die beiden Bibelschülerinnen aus Lemgo und die Koreanerin wurden kurze Zeit später ermordet aufgefunden. Von den übrigen sechs fehlte über Monate jede Spur. Bewegung kam in den Fall, als vor Weihnachten ein Video auftauchte, das die drei Kinder lebend zeigt. Nach Einschätzung der Regierung in Sanaa wurden sie von ihren Eltern getrennt. Die drei erwachsenen Geiseln mussten bisher offenbar verletzte Houthi-Rebellen medizinisch versorgen. Vor ihrer Entführung arbeiteten sie für die niederländische Organisation Worldwide Service im Jumhuri-Krankenhaus in der Provinz Saada, einer Hochburg der schiitischen Aufständischen.

Jemens Präsident Ali Abdullah Saleh hatte den Waffenstillstand, der in der Nacht zu Freitag in Kraft trat, am Donnerstagabend im Staatsfernsehen angekündigt. Zuvor hatten die Rebellen Vermittlern gegenüber zugesagt, die sechs Bedingungen der Regierung für ein Ende der Militäraktionen zu erfüllen. Saleh verlangt unter anderem einen Rückzug aus öffentlichen Gebäuden, die Öffnung der Straßen in den Norden, die Freilassung aller Gefangenen sowie die Rückgabe erbeuteter Waffen. Ferner müssen sich die Aufständischen verpflichten, alle Angriffe auf saudische Dörfer oder Armeeposten des Nachbarlandes einzustellen. Rebellenchef Abdel Malek el Houthi rief seine rund 5000 Kämpfer auf, sich an die Waffenruhe zu halten.

Ein rasches Ende des Bürgerkriegs und eine Lösung seiner sozialen und politischen Ursachen zählen zu den Hauptforderungen der internationalen Gemeinschaft, die sich am 27. Januar in London zu einer Jemenkonferenz getroffen hatte. Auch Außenminister Guido Westerwelle hatte Präsident Saleh mit Nachdruck aufgefordert, das Land durch einen nationalen Dialog mit allen Gruppen aus der Krise zu führen. „Wir setzen auf eine politische Lösung und glauben, dass eine militärische Lösung nicht erfolgreich sein kann“, sagte der deutsche Politiker bei seinem Kurzbesuch im Jemen und forderte unter anderem durchgreifende Reformen im Regierungsapparat.

Seit dem versuchten Flugzeugattentat von Detroit ist der internationale Druck auf das verarmte Land an der Südspitze der arabischen Halbinsel erheblich gewachsen, die Konflikte im Inneren politisch zu befrieden und sich auf die Jagd nach Al-Qaida-Terroristen zu konzentrieren. Knapp fünf Milliarden Dollar für Schulen, Wirtschaftsförderung und Straßenbau, die bereits 2006 auf einer früheren Jemenkonferenz zugesagt worden waren, wurden bisher nicht ausgezahlt. Die Geberstaaten fürchten, dass die Mittel ohne eine Verbesserung der Regierungsleistung sofort in dunklen Kanälen verschwinden.

Die Kämpfe mit den Houthi-Rebellen flammen seit 2004 immer wieder periodisch auf. Die Aufständischen werfen der Zentralregierung vor, sie sei korrupt und vernachlässige ihre Region. Ähnliche Vorwürfe gibt es auch von der Bevölkerung des Südens, wo Anhänger einer Sezession immer mehr Rückhalt finden.

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