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Jugendstrafvollzug: Bund und Länder müssen neu regeln

Nach einem Urteil des Bundesverfassungsgerichts müssen Bund und Länder bis Ende 2007 eigene Gesetze zum Jugendstrafvollzug erlassen. Bislang fehlten dafür die gesetzlichen Grundlagen, so die Richter.

Karlsruhe - Bund oder Länder müssen bis Ende 2007 ein Gesetz zum Jugendstrafvollzug erlassen. Nach einem Urteil des Bundesverfassungsgerichts vom Mittwoch fehlen dem Jugendstrafvollzug derzeit die verfassungsrechtlich erforderlichen gesetzlichen Grundlagen. Das neue Gesetz müsse auf die besonderen Anforderungen der Haft für Jugendliche zugeschnitten sein, forderten die Richter des Zweiten Senats in Karlsruhe. Dazu gehörten besondere Regeln für die körperliche Bewegung und zu Disziplinarmaßnahmen, zur Zahl der Familienbesuche und zu den Bildungs- und Ausbildungsmöglichkeiten.

Das Grundsatzurteil geht zurück auf die Beschwerde eines jungen Mannes aus einer nordrhein-westfälischen Jugendstrafanstalt. Er hatte sich unter anderem wegen der Kontrolle seiner Post und mehrerer Disziplinarmaßnahmen an die Justiz gewandt. Der zu neun Jahren Jugendstrafe verurteilte Mann hatte geltend gemacht, solche Eingriffe in seine Grundrechte seien auf der aktuellen Gesetzesgrundlage nicht zulässig.

Bundesjustizministerin Brigitte Zypries (SPD) bezeichnete das Urteil des höchsten deutschen Gerichts als «Rückenwind für die Bemühungen des Bundes». Der klare Gesetzentwurf der Regierung zum Jugendstrafvollzug sei bislang immer wieder an den Ländern gescheitert. Die Länder könnten diesen Entwurf als Anregung nutzen. «Das steht alles drin, was das Gericht heute angeregt hat», sagte Zypries nach der Urteilsverkündung. Die Frist bis Ende 2007 sei aber sehr kurz: «Wer immer später die Kompetenz haben wird, wird sich sehr beeilen müssen.» Im Zuge der Föderalismusreform könnte die Zuständigkeit für den Strafvollzug auf die Länder verlagert werden.

Nach Überzeugung des Gerichts lässt sich der Mangel an gesetzlichen Grundlagen für den Jugendstrafvollzug nicht durch den Rückgriff auf Rechtsgedanken bereits bestehender Gesetze zum Strafvollzug beheben. «Der Jugendstrafvollzug ist etwas ganz anderes als der Erwachsenenstrafvollzug» sagte der Vizepräsident des Bundesverfassungsgerichts, Winfried Hassemer, zur Urteilsbegründung.

Die Richter sparten auch nicht mit Kritik an der Politik: «Es fehlt einfach an allem», sagte Hassemer zu den bisherigen Grundlagen für den Jugendstrafvollzug. Es sei «planwidrig», dass die Lücke in der Gesetzgebung bis heute trotz zahlreicher Anläufe nicht geschlossen wurde. (tso/dpa)

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