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Politik: Jugoslawien holt sich für die Luftabwehr Ratschläge in Bagdad

MOSKAU .Jugoslawien und Irak sollen Anfang März ein Militärbündnis geschlossen haben.

MOSKAU .Jugoslawien und Irak sollen Anfang März ein Militärbündnis geschlossen haben.Dessen Ziel bestehe vor allem im Austausch von Erfahrungen und Daten zur Abwehr von Luftangriffen der NATO.Einzelheiten seien bei einem Irak-Besuch des stellvertretenden jugoslawischen Verteidigungsministers Jovan Djukovic vereinbart worden.Das berichtet die russische Wirtschaftszeitung "Kommersant" unter Berufung auf vertrauenswürdige Quellen im Moskauer Generalstab.Die beiden "Paria"-Staaten hätten im letzten Halbjahr ihre militärischen Kontakte erheblich intensiviert.

Belgrad, so der anonyme Generalstäbler gegenüber dem Blatt, sei bereits 1998 davon überzeugt gewesen, daß Luftangriffe der NATO nicht zu vermeiden sind und habe sich daher vor allem für die Taktik Bagdads bei der Abwehr von Raketen während der Operation "Desert Fox" und unmittelbar danach interessiert.

Seiner Meinung nach läßt sich die überraschende Passivität der jugoslawischen Abwehr direkt mit dem Erfahrungsaustausch erklären.Da die aktive Nutzung der irakischen Raketensysteme während des Golfkriegs 1991 letztendlich deren Zerstörung durch Bomber der Alliierten bewirkte, habe Bagdad während des jüngsten Zusammenstoßes im Herbst letzten Jahres seine Raketen nur bei unmittelbarer Bedrohung abgefeuert.Die von Belgrad mit einer Kopie dieser Taktik erzielten Ergebnisse bewertete der Generalstäbler als "erstaunlich gut": Nach Angaben der russischen Abwehr (GRU) hat Jugoslawien in den ersten sieben Tagen insgesamt neun gegnerische Flugzeuge abgeschossen.Dies, so der Offizier weiter, sei um so höher zu veranschlagen, da Jugoslawien nach russischen Erkenntnissen kein zentral gesteuertes Luftabwehrsystem habe und die Serben alle Daten allein systematisieren und auswerten müßten.

Als Gegenleistung, fährt das Blatt fort, habe Belgrad Irak Hilfe bei der Wiederherstellung seiner Luftverteidigungssysteme sowie die Lieferung beweglicher Raketensysteme des Typs "Strela 2M" zugesagt.Diese werden in Rußland hergestellt und sind Bestandteil eines 1992 zwischen Moskau und Belgrad geschlossenen Vertrages über militärisch-technische Zusammenarbeit, dessen Erfüllung Rußland nach dem UN-Embargo jedoch ausgesetzt hat.Eine Wiederaufnahme der Lieferungen hat Außenamtschef Igor Iwanow von den Entwicklungen in Jugoslawien abhängig gemacht."Kommersant" allerdings will aus dem Generalstab erfahren haben, daß Slobodan Milosevic bereits jetzt massive Unterstützung aus Moskau bekommt.

Vor jedem Angriff der Allianz, so der Generalstäbler gegenüber dem Blatt, versorge die russische Abwehrorganisation GRU Belgrad mit aktuellen Daten über Zusammensetzung der NATO-Verbände, Anzahl der an der Operation beteiligten Flugzeuge sowie deren Ziele.Wie die amtliche jugoslawische Nachrichtenagentur Tanjug verbreitete, hat Milosevic dem russischen Regierungschef Jewgenij Primakow bei dessen jüngster Visite in Belgrad angeboten, Moskau als Gegenleistung für militärische Hilfe das Wrack des letzte Woche abgeschossenen Jägers F 117 (Stealth) zu überlassen, der für gegnerisches Radar unsichtbar ist.Hiesige Medien gehen allerdings davon aus, daß Teile der Trümmer bereits an GRU-Chef Valentin Korobelnikow übergeben wurden, der Primakow nach Belgrad begleitete."Diese Frage möchte ich mit Schweigen beantworten", erklärte, auf den Sachverhalt angesprochen, der Leiter der Abteilung für internationale militärische Zusammenarbeit im russischen Verteidigungsministerium, Leonid Iwaschow.

Für Moskau sind die Stealth-Trümmer von unschätzbarem Wert: Stahllegierungen, die den Tarnkappeneffekt erzeugen, sind bisher der Schwachpunkt eines neuen russischen Abfangjägers mit der vorläufigen Projektbezeichnung 1-42 MFI, der Geschwindigkeiten von über 2500 Stundenkilometern erreicht und damit nach russischer Darstellung weder im Unter- noch im Überschallbereich durch das gegnerische Radar geortet werden kann.Zudem soll der neue Jäger bessere Bordwaffen und Flugeigenschaften aufweisen als dessen westliches Pendant - der F-22 (Raptor) der momentan in den USA entwickelt wird.Der Prototyp des neuen russischen Jägers wurde der hiesigen Presse am 13.Januar bereits mit großem Brimborium als Wunderwaffe des 21.Jahrhunderts vorgestellt und ist nach Auffassung der Zeitung "Trud" das "letzte stichhaltige Argument", das Rußland für seine Ansprüche auf den Status einer Großmacht und den Verbleib in der G-7-Gruppe geltend machen kann.

Die für Anfang Februar geplanten Erprobungsflüge des 1-42 MFI wurden jedoch verschoben.Die Entwicklung der neuartigen Tragflächen-Beschichtung, die den Jäger unsichtbar machen soll, treibt die Stückkosten auf die für Rußland unerschwingliche Summe von vorläufig 100 Millionen Dollar.Gelingt es hiesigen Forschern, das Stealth-Geheimnis zu knacken, könnte das Blatt sich jedoch wenden.

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