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Politik: Juppé bleibt in der Politik

Trotz Verurteilung / Wechsel an Parteispitze im Herbst

Paris. Frankreichs Ex-Premier Alain Juppé wird seine politischen Ämter trotz seiner Verurteilung wegen illegaler Parteienfinanzierung zu 18 Monaten Bewährungsstrafe und dem Verlust seines passiven Wahlrechts für zehn Jahre vorerst nicht niederlegen. Bei seinem ersten öffentlichen Interview nach dem Gerichtsurteil Ende der vergangenen Woche sagte Juppé am Montag im französischen Fernsehen, er werde gegen das Urteil Berufung einlegen, bis zu einer zweiten Gerichtsentscheidung alle seine politischen Aufgaben mit vollem Engagement fortführen und dann „neu nachdenken“. Der frühere Regierungschef Juppé ist derzeit Vorsitzender der größten französischen Partei, der bürgerlich-konservativen UMP um Staatspräsident Jacques Chirac, UMP-Abgeordneter der Nationalversammlung und Bürgermeister von Bordeaux.

Ausschlaggebend für seine Entscheidung seien die „überwältigende Unterstützung, Freundschaftsbezeugungen und Sympathiebekundungen aus allen Kreisen der Bevölkerung" gewesen, sagte der 58-Jährige. „Man kann nicht alles hinwerfen, wenn so viele darum bitten, zu bleiben." Er habe sich die Entscheidung, seine politische Verantwortung weiter zu tragen nicht leicht gemacht. „Einfach zu gehen, wäre zu leicht gewesen", sagte der Mann, der politischer Ziehsohn Chiracs ist und als dessen „heimlicher Kronprinz" für das Präsidentenamt ab 2007 gilt. Juppé kündigte an, beim Parteitag der UMP im Herbst 2004 für das Amt des Parteivorsitzenden nicht mehr zu kandidieren.

Für die Konservativen hat sich die Situation mit Juppés Beschluss leicht entspannt, nachdem das überraschend harte Urteil am vergangenen Freitag für Aufregung gesorgt hatte. Unklar war vor allem, wer wenige Wochen vor den als Stimmungsbarometer geltenden wichtigen Regionalwahlen den Parteivorsitz übernehmen könnte, wer bei einer bevorstehenden Regierungsumbildung das Amt eines „Super-Wirtschaftsministers“ besetzen sollte, für das Juppé seit langem vorgesehen war, und wie ohne Juppé der Intimfeind Chiracs, der ehrgeizige Innenminister Nicolas Sarkozy, bei seinem Marsch in Richtung Elysée-Palast zu bremsen sei.

Die Sozialisten zeigten sich „schockiert" über Chiracs öffentliche Unterstützung für den verurteilten Politiker und auch die Bevölkerung will nicht hinnehmen, dass ein Mitglied der Politiker-Elite erneut ungeschoren davon kommt. 58 Prozent der Franzosen sprachen sich in einer repräsentativen Umfrage dafür aus, dass Juppé alle seine Ämter niederlegt.

Sabine Heimgärtner

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