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Kampf gegen das Rauchen: Drogenbeauftragter fordert Spezialgeschäfte für Zigarettenverkauf
Keine Kippen mehr an Tankstellen, Kiosken und Automaten: Damit will Burkhard Blienert (SPD) die Raucherquote senken. Auch Werbung und Ecken für Qualmer soll es bald nicht mehr geben.
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Dies dürfte Rauchern nicht schmecken: Anders als in vielen anderen Ländern lassen sich Tabakprodukte in Deutschland vergleichsweise einfach erwerben – der Drogenbeauftragte der Bundesregierung, Burkhard Blienert (SPD), will dies nun ändern und dringt auf weitere Einschränkungen.
Um das Rauchen zu reduzieren, sollten Zigaretten künftig in lizenzierten Spezialgeschäften verkauft werden, sagte Blienert der „Welt“. In Ländern wie Schweden, Österreich oder Italien sei dies bereits jetzt der Fall. „Als einziges Land haben wir noch 300.000 Zigarettenautomaten“, kritisierte er. „Das halte ich ebenso für falsch wie die Verfügbarkeit von Zigaretten an sieben Tagen in der Woche rund um die Uhr etwa über Kioskläden oder Tankstellen.“
Es ist falsch und nicht zu verstehen, wenn auf Bahnsteigen oder in Flughäfen noch Raucherecken eingerichtet werden. Das gehört abgeschafft.

Burkhard Blienert, Drogenbeauftragter der Bundesregierung (SPD)
Grund für Blienerts Vorstoß ist dem Bericht zufolge der Umstand, dass die Raucherquote in Deutschland im Vergleich mit anderen Ländern in Europa höher ist. Der Deutschen Befragung zum Rauchverhalten (Debra-Studie) zufolge lag sie unter Erwachsenen Mitte 2024 bei 30 Prozent. Unter Jugendlichen zwischen 14 und 17 Jahren betrug dieser Wert im Jahr 2023 rund 15 Prozent. Der Anteil der E-Zigarettenraucher wird in der Studie mit zwei Prozent angegeben.
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Nach Daten des Krebsforschungszentrums verursacht das Rauchen direkte und indirekte Kosten durch Gesundheitsschäden von jährlich rund 80 Milliarden Euro, heißt es in dem Bericht weiter.
Blienert sprach sich zudem für ein strikteres Werbeverbot aus, von dem auch das Sponsoring bei Veranstaltungen betroffen wäre. Das sei im Koalitionsvertrag vereinbart worden. „Ein Verbot dieser Werbung würde helfen, die Raucherquote deutlich zu senken“, sagte Blienert. Passiert sei bislang jedoch nichts.
„In Sonntagsreden wird der Jugendschutz von allen politischen Seiten mitgetragen und am Montag, wenn es konkret wird, sind die Meinungen in der Regierungskoalition wieder unterschiedlich“, sagte Blienert.
Der Drogenbeauftragte beklagte zudem, dass sich der Staat zu wenig um den Schutz der Nichtraucher kümmere. „Es ist falsch und nicht zu verstehen, wenn auf Bahnsteigen oder in Flughäfen noch Raucherecken eingerichtet werden. Das gehört abgeschafft“, sagte er.
Die neue britische Regierung erwägt nach Angaben von Premierminister Keir Starmer Rauchverbote sogar für bestimmte Orte unter freiem Himmel. „Wir werden Entscheidungen in diesem Bereich treffen“, sagte Starmer. Medienberichten zufolge plant Starmers Kabinett unter anderem ein Rauchverbot in Biergärten und Restaurant-Freisitzen sowie in Fußballstadien, Parks und auf den Bürgersteigen vor Universitäten und Krankenhäusern.
In Deutschland sieht Blienert großen Handlungsbedarf auch bei den Dampfzigaretten mit nikotinhaltigen Flüssigkeiten. „Schon bei 14-Jährigen sind E-Zigaretten angesagt. Die knallig bunte Werbung und auch die süßlichen Aromen kommen gerade bei Jugendlichen an“, sagte der Drogenbeauftragte. Beim Erwerb etwa im Einzelhandel am Kiosk ebenso wie im Onlinehandel werde das Alter der Käufer nicht wirksam kontrolliert.
Mit einem einzigen Klick mache sich ein Jugendlicher dort zum 18-Jährigen. Auch bei den Produkten selbst fehle es an Kontrollen. „E-Zigaretten aus chinesischer Herstellung werden bei uns kaum überprüft. Das betrifft die Inhaltsstoffe oder auch den Nikotingehalt“, so Blienert.
Die E-Zigarettenbranche reagierte empört. „Ich bedauere sehr, dass der Drogenbeauftragte nicht erkennt, wie mithilfe der E-Zigarette die Raucherquote in Deutschland deutlich gesenkt werden könnte“, sagt Dustin Dahlmann, Vorsitzender im Bündnis für Tabakfreien Genuss. Beim Thema Jugendschutz sei es eine zentrale staatliche Aufgabe, Verstöße mit härteren Strafen zu ahnden als bisher.
„Wer ein Verbot von Aromastoffen in E-Zigaretten verlangt, fordert praktisch ein Totalverbot von E-Zigaretten“, sagt Dahlmann. Aromen seien der Hauptgrund, warum ehemalige Raucher auf die weniger schädliche E-Zigarette umstiegen. „Gegen einen solchen fatalen gesundheitspolitischen Irrweg würden wir uns natürlich wehren“, sagt Dahlmann. Dann sei ein Gang nach Karlsruhe und zum Europäischen Gerichtshof unausweichlich. (lem)
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