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Politik: Kampf gegen Terror: Weit vorgewagt

Die deutsche Haltung zu den amerikanischen Drohungen gegenüber dem Irak scheint nur auf den ersten Blick widersprüchlich: Einerseits hat Außenminister Joschka Fischer sich weit vorgewagt und gemeinsam mit anderen Europäern den großen Partner deutlich gewarnt. Auf der anderen Seite versichert der Kanzler, der Fischers Meinung teilt, er rechne gar nicht mit einem Angriff der USA auf den Irak.

Von Hans Monath

Die deutsche Haltung zu den amerikanischen Drohungen gegenüber dem Irak scheint nur auf den ersten Blick widersprüchlich: Einerseits hat Außenminister Joschka Fischer sich weit vorgewagt und gemeinsam mit anderen Europäern den großen Partner deutlich gewarnt. Auf der anderen Seite versichert der Kanzler, der Fischers Meinung teilt, er rechne gar nicht mit einem Angriff der USA auf den Irak. Was die Bundesregierung fürchten muss, will sie auch nicht herbeireden. Von der lauten Kritik einer gespaltenen Opposition will sie sich dabei offensichtlich nicht beirren lassen.

In Berliner Regierungskreisen heißt es denn auch, ein militärisches Vorgehen der USA gegen den Irak sei durchaus möglich. Zwar sei die US-Regierung in dieser Frage gespalten, die stärkeren Kräfte befürworteten aber den Sturz Saddam Husseins und strebten eine gewaltsame Neuordnung der Region an. Für diesen Fall befürchten deutsche und europäische Außenpolitiker eine Destabilisierung des Nahen Ostens und islamischer Länder. "Das Risiko ist extrem hoch", heißt es.

Bundeskanzler Schröder sagte am Montag, er erwarte, dass die europäischen Verbündeten vor einem US-Vorgehen gegen Saddam Hussein konsultiert würden - ein Satz, der sich auch als Mahnung interpretieren lässt. Regierungssprecher Heye erinnerte an das Interesse der Bundesregierung, die Anti-Terror-Koalition zu erhalten.

Zum Thema Dokumentation: Kampf gegen Terror Fotos: Osama Bin Laden, Krieg in Afghanistan Fischer und mehrere europäische Politiker hatten die USA am Wochenende mit deutlichen Worten vor einem Angriff auf den Irak gewarnt. Ziel der vermehrten Äußerungen ist es nach Angaben aus Berliner Regierungskreisen, die sich verdichtende Debatte in der Washingtoner Regierung zu beeinflussen. Dabei wurde darauf verwiesen, dass die Europäer sich in der Ablehnung der US-Militärpläne "völlig geschlossen" zeigten. Zur Kritik an Fischer hieß es, der Außenminister stimme sich eng und regelmäßig mit US-Außenminister Colin Powell ab. Zudem habe er schon seit vergangenem Herbst deutlich vor einer Aktion gegen den Irak gewarnt.

Die Union zeigt sich im Hinblick auf den Umgang mit den USA weiter gespalten. Parteichefin Angela Merkel, Hessens Ministerpräsident Roland Koch und Fraktionschef Friedrich Merz warfen Joschka Fischer nach dessen Äußerungen "linke Profilierung" vor. "Weil die Grünen im Wahljahr bei fünf Prozent herumdümpeln, setzen sie nun auf anti-amerikanische Gesinnung", sagte Merz. Offen ließen die Politiker, wie sich die Bundesregierung ihrer Meinung nach bei einem tatsächlichen US-Angriff gegen den Irak verhalten solle. Der CSU-Außenpolitiker Christian Schmidt warf Fischer vor, er baue einen "Popanz" auf. "Es ist eine Unterstellung, wenn er behauptet, dass die Amerikaner schon einen gewaltigen Schlag gegen den Irak vorbereiten", sagte er.

Dagegen warnte der außenpolitische Sprecher der CDU/CSU-Bundestagsfraktion, Karl Lamers, erneut vor einem Angriff auf den Irak. Europa solle eine einheitliche Haltung finden und die USA in diesem Sinne beeinflussen, forderte er. "Die öffentliche Debatte ist nicht hilfreich", sagte Lamers, "aber das ist nicht nur eine europäische, sondern auch eine amerikanische Verantwortung." Die US-Regierung habe schließlich als Erste über ihre Pläne geredet. FDP-Chef Guido Westerwelle forderte die Regierung auf, europäischen Widerstand gegen mögliche US-Kriegspläne zu organisieren.

Auch die PDS begrüßte Fischers Warnungen. "Uns wäre allerdings eine noch deutlichere Kritik lieber", sagte Fraktionsvize Wolfgang Gehrcke. Die PDS will im Bundestag beantragen, die Bundeswehr aus Kuwait abzuziehen. Die Teilnahme an einem Manöver mit den Amerikanern könnte als Beleg verstanden werden, dass Deutschland gewillt sei, eine Militäraktion gegen den Irak mitzutragen, sagte Gehrcke.

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