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Politik: Kampf gegen Windräder

Der CDU/FDP-Regierung in Sachsen-Anhalt will die Zahl der Rotoren begrenzen – eine neue Landesbauordnung soll’s richten

Von Matthias Schlegel

Von manchen Punkten seines Wahlkreises aus hat Hartmut Büttner 100 Windräder im Blick. Er steht dann nicht etwa an der Nordseeküste, wo es rund 8000 Stunden lang im Jahr stürmt, sondern hunderte Kilometer binnenwärts, in der Magdeburger Börde. Dort gibt’s zwar nur an 2000 Stunden im Jahr Wind, aber die fettesten Äcker von ganz Deutschland. Doch für die Bauern ist es lukrativer, auf ihren Flächen Windräder aufzubauen als Rüben zu stecken. Und wenn der CDU-Bundestagsabgeordnete daheim dafür wirbt, auch die Windenergie wieder der Marktwirtschaft auszusetzen, statt sie mit Fördergeldern und Preisstützungen künstlich hochzuzüchten, zieht er sich nicht nur den Zorn der Grundeigentümer zu. Auch Beschäftigte des nahe gelegenen Magdeburger Großunternehmens Enercon, das die Windkraftanlagen produziert, beschimpfen ihn schon mal als Arbeitsplatzvernichter. Und manche Bürgermeister halten ihm vorwurfsvoll ihre dürren Gemeindesäckel hin, in denen nur die paar Euro Pacht- oder Steuereinnahmen von den Betreibern klingeln.

Dennoch gibt Büttner nicht nach, denn er weiß die große Mehrheit seiner Landsleute hinter sich, denen die Verspargelung der Landschaft zunehmend missfällt. Unter rot-grüner Ägide war Sachsen-Anhalt lange Zeit so etwas wie ein Vorzeigeland in Sachen Windenergie. Fast zehn Prozent aller deutschen Windräder, nämlich mehr als 1300, rotieren zwischen Burgenland und Altmark, wo nur drei Prozent der Bevölkerung leben. Bis auf den vierten Platz bundesweit und an die ostdeutsche Spitze hatte man es beim Windenergieaufkommen gebracht – inzwischen ist Brandenburg vorbeigezogen.

Nun hat sich der Wind also gedreht – im Übrigen nicht nur in Sachsen-Anhalt, sondern in vielen Bundesländern sind die sich rasch vermehrenden Türme zum Ärgernis geworden. Die regierenden Fraktionen von CDU und FDP im Magdeburger Landtag wollen dem Wildwuchs, wie sie es nennen, Einhalt gebieten. Zwar unterliegt die Genehmigung der Anlagen raumplanerischen Gesichtspunkten. 94 Eignungsgebiete sind in Sachsen-Anhalt ausgewiesen. Doch sie stoßen nach Ansicht des für Raumordnung zuständigen CDU-Landtagsabgeordneten André Schröder längst an ihre Grenzen, zumal für 640 Windkraftanlagen noch Genehmigungsanträge vorliegen. Deshalb haben CDU und FDP eine Novelle der Landesbauordnung in den Landtag eingebracht. So sollen die bauaufsichtlichen Abstandsflächen für Windkraftanlagen verdoppelt werden. Derzeit liegen sie bei der Hälfte der Höhe der Windräder. Künftig soll um jede Anlage somit ein Abstandskreis gezogen werden, der ihrer eigenen Gesamthöhe – einschließlich Rotor – entspricht. Das hätte nicht nur optische Konsequenzen. Es würde vor allem auch die Attraktivität vieler potenzieller Standorte schmälern, weil ein geringerer wirtschaftlicher Ertrag aus der jeweiligen Fläche zu erzielen wäre. Außerdem sollen die Investoren von Windkraftanlagen verbindlich verpflichtet werden, für den eventuellen Rückbau, sprich Abriss, der Anlage Sicherheiten zu hinterlegen. Wenn ein Investor pleite geht oder eine Anlage verschlissen ist, soll der Grundeigentümer nicht auf dem Wrack sitzen bleiben. Und: Künftig sollen auch Kleinanlagen bis zu einer Höhe von zehn Metern genehmigungspflichtig werden.

Während Schröder und seine Mitstreiter in Sachsen-Anhalt schon mal Nägel mit Köpfen machen, wappnet sich Büttner für die bundespolitische Debatte in Berlin. In Kürze will die Unionsfraktion über ihre Position zum Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG) aus dem Jahr 2000 diskutieren, das den Windenergiestrom stützte und einen Boom auch im Binnenland auslöste. Anschließend wird sich der Bundestag mit einer Novellierung des EEG befassen.

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