zum Hauptinhalt
Ein Stück Papier. Der Sechs-Punkte-Plan von UN-Vermittler Kofi Annan hat im Laufe der Woche an Strahlkraft verloren. Weder Syriens Präsident noch Opposition stehen dahinter. Foto: dapd

© dapd

Kampf um friedliche Lösung: Annans Syrien-Plan droht ins Nichts zu führen

Der Gipfel der Arabischen Liga mindert den Druck auf Assad – und die Opposition eint nur der Wille, nicht zu verhandeln.

Wie soll man den Arabischen Gipfel in Bagdad zu Syrien beschreiben? Lustlos, ratlos oder gar nutzlos? Aus Damaskus hagelte es Spott und faule diplomatische Schwüre. Gastgeber Irak wiederum tat alles, um die bisherige Rücktrittsforderung der Liga gegen den Präsidenten Baschar al Assad diesmal aus dem Abschlusskommuniqué herauszuhalten. Katar und Saudi- Arabien reagierten verstimmt. Sie beharren auf dem Sturz von Assad, wollen den syrischen Deserteuren Waffen liefern und mit ausländischen Truppen humanitäre Schutzzonen in den Grenzregionen zu Jordanien und der Türkei schaffen. Zusammen mit den übrigen Golfstaaten blieben ihre gekrönten Häupter dem regionalen Großtreffen demonstrativ fern – zumal am kommenden Wochenende der Vorsitz des Staatenbundes vom diplomatischen Antreiber Katar auf den Bremser Irak übergeht. Und auch Kofi Annan als Vermittler im Auftrag von Vereinten Nationen und Arabischer Liga hält am Ende dieser turbulenten Woche mit seinem Sechs-Punkte-Plan nichts weiter in der Hand als ein bedrucktes Stück Papier.

Der Friedensnobelpreisträger kennt das Millimeter-Geschäft der internationalen Diplomatie. Und er weiß, dass in Syrien nach 10 000 Toten weder Regime noch Opposition wirklich an den Verhandlungstisch kommen wollen. Baschar al Assad geht es allein darum, Zeit zu gewinnen, in der Hoffnung, die Revolte seines Volkes am Ende doch noch mit Gewalt ersticken zu können. Seine Armee ist nicht mehr in der Lage, an mehreren großen Brennpunkten gleichzeitig zu operieren. Absolut verlassen aber kann sich das Regime auf die Vierte Elitedivision von Assad-Bruder Maher, die nun schon seit Wochen im ganzen Land wütet. Das Regime selbst steht durch Sanktionen und internationale Ächtung mittlerweile unter enormem Druck, ohne dass jedoch ernste Spaltungen oder gar Zerfall erkennbar wären. Und so kam Assads Antwort auf Annan – kühl kalkuliert – in zwei Teilen. Am Dienstag das Ja, um seine Verbündeten Russland und China gegenüber dem UN-Vermittler nicht in Verlegenheit zu bringen. Am Donnerstag das Aber, als Annan wieder zu Hause war und der Arabische Gipfel sich im Prunksaal von Bagdad seine lauwarme Anschlussresolution zusammenstotterte.

Anders als das Regime bekommt Syriens Opposition dagegen immer tiefere Risse. Keine Verhandlungen und keine Kompromisse – das ist mittlerweile der kleinste gemeinsame Nenner, der den Syrischen Nationalrat noch zusammenhält. Die Egos sind groß, die Beweglichkeit klein, zu komplexen Verhandlungen über einen Machttransfer wären die zerstrittenen und vom Regime unterwühlten Widerstandsgruppen nicht mehr in der Lage. Und so setzt die Exil-Führung immer stärker auf Waffen, auch weil sie die reichen sunnitischen Emire und Könige der Golfstaaten an ihrer Seite weiß. Denn diese haben mit Assad und seinem regionalen Hauptsponsor Iran ebenfalls hohe Rechnungen offen.

Kofi Annan weiß, wie schnell sein Sechs-Punkte-Plan zermahlen werden kann. Wenn es für seine Friedensmission überhaupt noch eine Chance gibt, dann liegt der Schlüssel weiterhin in Russland und China. Das erste Echo in den beiden Hauptstädten der UN-Veto-Mächte war positiv, wenn auch nicht gerade enthusiastisch. Und um das frisch gewonnene diplomatische Terrain nicht sofort wieder zu zertrampeln, hält sich der UN-Emissär am kommenden Montag von dem Treffen der Syrien-Kontaktgruppe in Istanbul fern, wo die westlichen und arabischen Staaten zusammenkommen. Annans Friedensplan ist die letzte Hoffnung, Syrien vor einem langen Bürgerkrieg und Zerfall zu bewahren. Und trotzdem steht zu befürchten, dass sich weder Syriens Regime noch Syriens Opposition darauf einlassen werden.

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false