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Politik: Kampfhunde: In NRW gibt es schon längst eine Verordnung gegen gefährliche Hunde - nur hat sie niemand angewandt

Der Mann hält die drei Seiten in der Hand und schüttelt immer wieder den Kopf. "Das kann doch nicht sein", sagt er und verspricht sofort, mit seinem zuständigen Dezernenten zu reden.

Der Mann hält die drei Seiten in der Hand und schüttelt immer wieder den Kopf. "Das kann doch nicht sein", sagt er und verspricht sofort, mit seinem zuständigen Dezernenten zu reden. Der Mann ist Oberbürgermeister einer westdeutschen Großstadt. Von der Verordnung gegen gefährliche Hunde aus dem Jahre 1994 hat er noch nie etwas gehört. Da geht es ihm wie den meisten Spitzenpolitikern an Rhein und Ruhr. Auch Bärbel Höhn, die Düsseldorfer Umweltministerin, hatte im Kabinett niemanden darauf hingewiesen, dass ihr Vorgänger Klaus Matthiesen schon vor sechs Jahren ein strenges Regelwerk verabschiedet hat, das den Behörden viele Möglichkeiten bietet, gegen jeden gefährlichen Hund vorzugehen. "Damit zeigt sich, was jetzt mit den Rasselisten gemacht wird, ist purer Aktionismus und aus Gründen des Tierschutzes falsch", schimpft Karl Wiblishauser, der Vorsitzende des Dobermann-Vereins. Wie viele Fachleute hält er die schlichte Einteilung nach Rassen für völlig ungeeignet, um die Bevölkerung zu schützen. "Das wollen wir seit langem, deshalb sind bei uns im Verein seit 23 Jahren Aggressionszüchtungen verboten", erläutert Wiblishauser, der gleichzeitig dem Verband für das Deutsche Hundewesen (VDH) angehört.

Die Verordnung aus dem Jahre 1994 sah vor, dass gefährliche Hunde an die Kette gelegt werden konnten. Jedes aggressive Verhalten von Hunden war dort aufgelistet worden, um den Behörden das Recht zu geben, einzuschreiten. Solche Tiere durften nur noch mit behördlicher Erlaubnis gehalten werden, diese Hunde waren an der Leine und gegebenenfalls auch mit Maulkorb zu führen. Eine Genehmigung durften die Behörden nur erteilen, wenn die Hundehalter weder vorbestraft noch süchtig waren. Im Kern enthält diese Verodnung alle Regeln, die Bärbel Höhn jetzt vorgelegt und dann um die insgesamt 41 Rassen erweitert hat.

Genau das halten Fachleute für falsch. "Der Begriff Kampfhunderasse geht fehl, in jeder Rasse finden sich neben den ungefährlichen Tieren auch immer wieder gefährliche Tiere", klagt Jürgen Neubrand vom Bundesverband praktischer Tierärzte. Er weist darauf hin, dass der Mensch als Halter und Züchter in den Mittelpunkt strenger Kontrollen zu stellen ist. Strikt verwahrt er sich gegen den permanenten Leinen- und Maulkorbzwang, der nach Rassen verordnet wird: "Das ist medizinisch nicht zu vertreten." Verhaltenskundler machen darauf aufmerksam, dass bisher unauffällige Tiere sich künftig verändern, wenn sie nicht genügend Bewegung haben. Die Tierärtze akzeptieren den Leinen- und Maulkorbzwang nur bei den Pitbulls und Terriern (also den Hunden der sogenannten Liste eins), bis ihre Gefährlichkeit durch eine Wesensprüfung bewiesen oder widerlegt worden ist.

In Düsseldorf wurde unterdessen darüber spekuliert, warum einzelne Rassen auf der Höhnschen Liste auftauchen oder wieder gestrichen worden sind. Der Rhodesische Ridgeback war zum Beispiel wieder von der Liste genommen worden, obwohl er kaum anders einzustufen ist als andere große Hunde, die dort stehen. Dass persönliche Erfahrungen eine Rolle gespielt haben könnten, bestreitet die Ministerin. In der Nachbarschaft ihres Privathauses gibt es allenfalls einen Rottweiler; aber der ist von der Sorte "der tut nichts", wie der Besitzer versichert.

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