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Karadzic ohne Bart

© dpa

UN-Kriegsverbrechertribunal: Karadzic fühlt sich von USA hintergangen

Der mutmaßliche Kriegsverbrecher Radovan Karadzic beharrt auf seiner Behauptung, die USA hätten ihm 1996 Straffreiheit im Gegenzug für seinen politischen Rückzug versprochen. Der frühere US-Vermittler Richard Holbrooke weist das streng zurück.

Das Haager UN-Kriegsverbrechertribunal veröffentlichte am Freitag eine Erklärung Radovan Karadzics, in der er bekräftigte, die USA hätten ihm nach dem Friedensabkommen von Dayton Schutz vor Strafverfolgung zugesichert, wenn er sich aus allen politischen Ämtern zurückziehe. Der frühere US-Vermittler Richard Holbrooke hatte bereits am Donnerstag bestritten, Karadzic eine derartige Zusage gegeben zu haben. Auch der schwedische Außenminister und frühere Balkan-Unterhändler Carl Bildt wies Karadzics Behauptung zurück.

Im Namen der USA habe Holbrooke ihm 1996 zugesichert, dass "ich nicht vor dieses Gericht gestellt werden sollte", heißt es in einer schriftlichen Erklärung Karadzics, die am Sitz des UN-Kriegsverbrechertribunals für Ex-Jugoslawien verbreitet wurde. Holbrooke habe die Strafverschonung vor "Ministern und Staatsmännern" angeboten, die ihn vertreten hätten, erklärte Karadzic weiter. Offenbar handelt es sich bei der Erklärung um einen Schriftsatz, den Karadzic am Donnerstag bei seinem ersten Auftritt vor dem Tribunal vorlesen wollte. Der Vorsitzende Richter Alphons Orie hatte dies jedoch unterbunden.

Der ehemalige bosnische Serbenführer wiederholt in der Eingabe auch seine Behauptung, die damalige US-Außenministerin Madeleine Albright habe vorgeschlagen, dass er ins Exil gehen könne. Der Deal mit Holbrooke sei später zu einer ernsthaften Bedrohung für sein Leben geworden, erklärte Karadzic weiter. Weil er die Absprache nicht habe erfüllen können, sei Holbrooke zu "Plan B" übergegangen, "der Liquidierung von Radovan Karadzic", behauptete der Angeklagte.

US-Vermittler: "Absprache hat nie existiert"

Holbrooke hatte bereits am Donnerstag bestritten, mit Karadzic eine Absprache getroffen zu haben. Karadzic habe schon bei seinem Untertauchen 1996 eine Mitteilung verbreitet, wonach die USA mit ihm vereinbart hatten, er werde nicht verfolgt, wenn er verschwinde. "Das war eine völlig falsche Behauptung", sagte Holbrooke dem Fernsehsender CNN. Auch der frühere Balkan-Unterhändler Bildt wies die Darstellung Karadzics zurück. "Eine derartige Absprache hat nie existiert", sagte Bildt im schwedischen öffentlich-rechtlichen Rundfunk. Es sei "niemals" versucht worden, die Vorwürfe gegen Karadzic fallen zu lassen.

Holbrooke bezeichnete es als "schweren Fehler", dass Karadzic nicht während der Stationierung der Nato-Truppen in Bosnien festgenommen worden sei. "Er hätte verhaftet werden müssen. Sein grüner Mercedes war sechs Monate lang jeden Tag vor seinem Büro geparkt. Der damalige Nato-Kommandeur weigerte sich, ihn zu verhaften, obwohl er die Autorität hatte. Das war ein schwerer Fehler", kritisierte Holbrooke. (mhz/AFP)

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