zum Hauptinhalt

Politik: Katerstimmung bei den Katholiken

Ärger und Enttäuschung über Kritik des Papstes an deutscher Kirche

Berlin - Beim St.-Michaels-Empfang der Deutschen Bischofskonferenz am Mittwochabend in der Katholischen Akademie in Berlin herrschte Katerstimmung. Bei dieser Gelegenheit treffen sich jährlich vor allem engagierte Katholiken, die politische und gesellschaftliche Spitzenämter innehaben. Am Mittwoch wollte nur bei wenigen gute Laune aufkommen, viele hat der Papst nachhaltig verstimmt. Er habe die Evangelischen in Erfurt unnötig brüskiert, fanden die einen; andere waren entsetzt, wie wenig Gespür Benedikt XVI. für die konkreten Nöte der Menschen habe, wie pessimistisch und letztlich unchristlich sein Menschenbild sei. „Immer nur zu sagen, wir müssen uns in das Mysterium des Glaubens vertiefen, hilft nicht weiter.“ Andere hatten sich über die Kritik des Papstes an der deutschen Kirche geärgert. In Freiburg hatte er der Kirche vorgeworfen, sie habe viel Geld, aber wenig Glauben, ihre Religiosität sei leere „Routine“. Deshalb müsse sie sich „entweltlichen“. „Die von materiellen und politischen Lasten und Privilegien befreite Kirche kann sich besser und auf wahrhaft christliche Weise der ganzen Welt zuwenden“, hatte der Papst am Sonntag gesagt. „Ausgerechnet in Freiburg, wo die Caritas gegründet wurde, sagt er so was“, empörte sich eine CDU-Politikerin, „unfassbar ist das.“ Andere fanden, der Papst habe durchaus einen wahren Kern angesprochen.

Der Freiburger Erzbischof Robert Zollitsch, der Vorsitzende der Deutschen Bischofskonferenz, hatte den Abend mit einer „Nachlese“ des Papst-Besuches eingeleitet und den Pontifex tapfer verteidigt. Der Besuch „entzieht sich einer vordergründig politischen Deutung“, sagte er. Der Heilige Vater habe darauf aufmerksam machen wollen, dass der Glaube an Jesus Christus die Menschen „aus der Enge bloß innerweltlicher Bezüge befreit“ und dass Strukturen nur Mittel und nie Zweck kirchlichen Handelns sein dürften. Im Übrigen könne sich die Kirche gar nicht von Privilegien befreien, da sie gar keine Privilegien beanspruche, sagte Zollitsch. Das Staatskirchenrecht räume den Kirchen lediglich Rechte ein, die sie zum Segen des Gemeinwohls nutze. Auch andere Bischöfe sind sich sicher, dass der Papst die Kirche nicht auffordern wollte, das gewachsene Staatskirchenrecht über Bord zu werfen oder auf Geld zu verzichten. Andere wollen aus seinen Worten herauslesen, dass das katholische Profil kirchlicher Einrichtungen gestärkt werden müsse. Die Äußerungen des Papstes hätten Fragen aufgeworfen, „die der Erörterung bedürfen und bei denen es auch streitige Diskussionen geben wird“, sagte Erzbischof Zollitsch.

Heftige Debatten wird es wohl nächste Woche geben, wenn sich die deutschen Bischöfe zu ihrer Herbstvollversammlung in Fulda treffen. Bischöfe des liberaleren Flügels der Bischofskonferenz hatten gehofft, Papst Benedikt werde die Gräben in der Bischofskonferenz zuschütten helfen. „Das hat er leider nicht getan, im Gegenteil“, sagte ein Bischof nach dem Besuch. Er habe „intensive und wunderbare Tage“ in Deutschland verbracht, sagte der Papst bei der wöchentlichen Generalaudienz am Mittwoch in Rom und unterstrich, dass er durch seine Reise besonders die Ökumene haben würdigen wollen.

 Claudia Keller

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false