zum Hauptinhalt

Politik: Kein Land, kein Frieden

Der Nahe Osten in Aufruhr. Jeden Tag berichten Zeitungen, Fernsehen und Radio über neue Untaten.

Der Nahe Osten in Aufruhr. Jeden Tag berichten Zeitungen, Fernsehen und Radio über neue Untaten. Palästinensische Terroranschläge und Strafaktionen der israelischen Armee wechseln einander ab. Das komplizierte Verhältnis beider Völker ist auf einem Tiefpunkt angelangt. Und viele Beobachter fragen sich heute, wie konnte es dahin kommen, nach dem verheißungsvollen Aufbruch des Oslo-Prozesses? Wer jenseits der aktuellen Schrecken mehr wissen möchte über tiefere Ursachen der heutigen Gewalt, für den ist das Buch von Ludwig Watzal eine aufschlussreiche Lektüre.

Facettenreich zeichnet der Autor die verschiedenen Phasen und Klippen des Friedensprozesses nach. Er schildert das Leben eines Volkes, dass seit mehr als einer Generation in seinem Alltag von der israelischen Besatzungsmacht kontrolliert, schikaniert, gereizt und gedemütigt wird. Und er beschreibt die Willkür, Korruption und politische Kontrolle unter den alten Herren der Autonomieregierung Arafats. Den meisten deutschen Lesern, die das "Heilige Land" in ruhigeren Zeiten als Touristen bereist haben, bleiben diese Teile der Wirklichkeit verborgen. Watzal hat eine Fülle von Material verarbeitet - Berichte von Menschenrechtsorganisationen, Interviews mit Zeitzeugen, Zeitungsartikel und wissenschaftliche Expertisen.

Watzal folgt historischen Hauptlinien der israelischen Politik, die andere sind als die der gängigen zionistischen Geschichtsschreibung. Dabei greift der Autor vor allem auf Erkenntnisse zurück, die den bahnbrechenden Studien von Historikern wie Benny Morris, Avi Shlaim und Ilan Pappe zu verdanken sind - auch wenn sich deren Ergebnisse nur langsam im israelischen Durchschnittsbewusstsein niederschlagen. Über viele Jahrzehnte hat Israel, wenn es im Verhältnis zu seinen direkten Nachbarn zwischen Friedensofferte oder Territorium wählen konnte, die territoriale Option bevorzugt. Selbst nach dem Oslo-Vertrag, unter dem Motto Land für Frieden, blieb diese Priorität in abgeschwächter Form unangetastet. So bauten auch nach 1993 alle Regierungen, egal welch politischer Couleur, jüdische Siedlungen in der Westbank nach Kräften weiter aus und verschlechterten dadurch schleichend die Verhandlungsposition der Palästinenser.

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false