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Politik: Keine Abweichler, nirgends

In der SPD gibt es kaum Protest gegen die Rentenpläne der Koalition

In der aktuellen Rentendiskussion scheint die SPD mal etwas ganz Neues und Ungewohntes ausprobieren zu wollen: Das Experiment heißt Geschlossenheit. Am späten Montagnachmittag waren schon geschlagene 24 Stunden vergangen, ohne dass ein namhafter Vertreter der Parteilinken die jüngsten rot- grünen Sparbeschlüsse zur Stopfung des Rentenlochs kritisiert hatte. Dabei hatten die Linken im Vorfeld des sonntäglichen Rentengipfels genau vor jenen Sparmaßnahmen gewarnt, die jetzt beschlossen wurden: Statt die Rentner überdimensional zu belasten, hatten sich etliche Linke dafür ausgesprochen, den Rentenbeitrag ebenfalls zu erhöhen. Diesen Schritt aber hatten die Koalitionsspitzen am Wochenende entschieden abgelehnt. Und seitdem herrscht Ruhe in der Sozialdemokratie.

SPD-Generalsekretär Olaf Scholz ist durchaus optimistisch, dass dies auch so bleibt. „Es soll ja diskutiert werden und es kann ja auch diskutiert werden“, sagte er am Montag auf die Frage nach möglicher parteiinterner Kritik zur Rentenlösung. Er gehe aber davon aus, dass die Entscheidung für alle in der SPD „nachvollziehbar“ sei. Schließlich sei sie „sehr erläuterbar“ und „sehr plausibel“. Auf eine weitere Abweichler-Debatte, ähnlich wie bei den Hartz-Gesetzen zur Reform des Arbeitsmarktes, stellt sich die SPD-Führung jedenfalls nicht ein.

Einen ersten Stimmungstest dafür, wie die Rentenpläne in der Partei ankommen, erhielten die Verantwortlichen schon am Sonntagnachmittag, gleich nach dem Spitzentreffen im Kanzleramt. Die Partei hatte rund 200 Funktionäre spontan zu einer Parteikonferenz ins Willy-Brandt geladen. Ohne großen Protest erläuterten Sozialministerin Ulla Schmidt und der Generalsekretär die jüngsten Pläne. „Für unsere Verhältnisse war es ziemlich harmonisch“, beschrieb ein Teilnehmer später die Stimmung des Treffens. Den größten Renten-Streitpunkt innerhalb der SPD hatte die Führung zudem bewusst entschärft: Eine Entscheidung über die Empfehlung der Rürup-Kommission, das Renteneintrittsalter auf 67 Jahre hochzusetzen, wurde am Sonntag um Jahre verschoben.

Um die Partei auch bei der Rentenpolitik weiter bei Laune zu halten, setzt die Führung zudem auf eine junge, sehr blonde Frau mit sinnlichem Mund und beachtlicher Oberweite. Man sieht die Dame in einer neuen SPD-Plakatkampagne, wie sie verträumt aus dem Zugfenster schaut. „Mein Herz sagt: Wir sollten für die Alten sorgen. Mein Verstand sagt: Wir müssen dafür neue Wege gehen“, wird der Frau auf dem Plakat in den Mund gelegt. Herz und Verstand gehen bei Sozialdemokraten in der aktuellen Reformdebatte in der Tat meist getrennte Wege. Das Plakat ist zumindest ein ansehnlicher Versuch der SPD-Oberen, dies endlich zu ändern.

Markus Feldenkirchen

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