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© vario images

Kinderbetreuung: Kita-Finanzierung: Wer sich den Schuh anzieht

Nach dem Ende des Tarifstreits für Erzieher wird wieder heftig über die Kita-Finanzierung gestritten.

Berlin - Am Tag nach dem Abschluss des neuen Tarifvertrags für die Beschäftigten der Kindertagesstätten zerbrechen sich die Verantwortlichen der Städte und Gemeinden den Kopf über die künftige Finanzierung der Kitas. Der neue Vertrag, der am 1. November in Kraft tritt, dürfte pro Jahr Mehrkosten von bis zu 700 Millionen Euro verursachen, schätzt die Vereinigung der kommunalen Arbeitgeberverbände (VKA).

Hinzu kommen die Kosten für den geplanten Ausbau der Kinderbetreuung. Im Jahr 2013 sollen nach Plänen von Bundesfamilienministerin Ursula von der Leyen (CDU) alle Eltern einen Rechtsanspruch auf die Betreuung ihrer Kinder haben. Die Kosten dafür wurden mit zwölf Millarden Euro veranschlagt. Zwar übernimmt der Bund ein Drittel der Rechnung, doch woher die übrigen acht Milliarden Euro kommen sollen, ist noch nicht ganz geklärt. Gleichzeitig müssen die Kommunen in diesem und im kommenden Jahr auf drastische Einnahmeeinbußen reagieren. Der Deutsche Städtetag rechnet für 2009 mit einem Einbruch der Gewerbesteuer um sechs Milliarden Euro.

Unterm Strich bedeutet das: deutlich höhere Kosten für mehr Kitaplätze bei stark sinkenden Einnahmen der Städte und Gemeinden. „Die Vereinbarungen werden in vielen Städten neue Haushaltslöcher reißen“, fürchtet Städtetagspräsidentin Petra Roth. Beim Deutschen Städtetag und bei der VKA beginnt man deshalb, sich über Auswege aus der Finanzierungskrise Gedanken zu machen. Drei Szenarien werden dabei diskutiert.

Stephan Articus, Hauptgeschäftsführer des Städtetags, hält ein Scheitern des vorgesehenen Krippenausbaus bis 2013 für möglich. „Das können viele Kommunen kaum leisten, weil sie schon jetzt finanziell mit dem Rücken an der Wand stehen“, sagte Articus der Hannoveraner „Neuen Presse“. Bei der VKA wird intern auch mit einer Verschlechterung der Betreuungsqualität infolge des Personalmangels gerechnet.

Um dem vorzubeugen, wollen die Kommunen nun Bund und Länder in die Verantwortung nehmen. Der Geschäftsführer der bayerischen kommunalen Arbeitgeber, Armin Augat, sagte im BR, nur wenn sich der Bund und der Freistaat Bayern an den neuen Kosten beteiligten, sei die Finanzierungskrise zu bewältigen. Auch der Städte- und Gemeindebund Sachsen-Anhalt drängt die Landesregierung, sich stärker an den Kosten der Kitaplätze zu beteiligen.

Politisch brisant ist vor allem das dritte Szenario: die Erhöhung der Kitagebühren. „Die decken im Augenblick etwa 20 Prozent der Gesamtkosten ab“, erklärte Katja Christ von der VKA. Stephan Articus vom Städtebund rechnete am Dienstag zwar nicht mit einer flächendeckenden Gebührenerhöhung. Intern hieß es jedoch, dass in weiten Teilen Deutschlands an der Beitragsschraube gedreht würde, sollten Bund und Länder nicht mehr Geld zuschießen. In Berlin ist vorerst nicht mit einer Erhöhung der Kitagebühren zu rechnen. Die Hauptstadt ist nicht Mitglied der Länder-Tarifgemeinschaft und bleibt deshalb vom neuen Tarifvertrag unberührt.

Der sieht in den Städten der meisten anderen Länder deutliche Gehaltssteigerungen für die 220 000 Angestellten in den kommunalen Sozial- und Erziehungsdiensten vor. Nach Angaben der Gewerkschaften Verdi und GEW erhalten Kitaangestellte künftig rund 120 Euro mehr im Monat. Auch die betriebliche Gesundheitsversorgung wurde verbessert.

Kritik an hohen Abschlüssen wiesen die Gewerkschaften zurück. Es handle sich um einen „Einstieg in die Aufwertung der Sozial- und Erziehungsberufe“, sagte Verdi-Chef Frank Bsirske. „Junge Erzieherinnen wurden aus dem beschämend niedrigen Einkommensniveau herausgeholt“, rechtfertige GEW- Verhandlungsführerin Ilse Schaad die Gehaltssteigerungen.

 Marc Mudrak

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