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Politik: Kirchen fordern von Schröder gerechtere Agenda 2010

Bischof Huber hält aber Reformen für unerlässlich / Gemeinsames Abendmahl in der Gethsemane-Kirche – Kritik von Sterzinsky

Berlin (vs/M.G.). Mit einem Appell, die Agenda 2010 gerechter zu gestalten, hat am Donnerstag der Ökumenische Kirchentag seine Arbeit aufgenommen. Wer wirkliche Besitzstände habe, müsse mehr beitragen als andere, sagte der evangelische Landesbischof von BerlinBrandenburg, Wolfgang Huber, auf dem zentralen Himmelfahrts-Gottesdienst in Berlin. Die Älteren könnten es nicht mehr der jüngeren Generation überlassen, die Zeche zu bezahlen. Huber wandte sich aber gegen Pläne, das Arbeitslosengeld auch für ältere Arbeitnehmer zu kürzen.

Mit Blick auf die Auseinandersetzungen um Sozialreformen sagte Huber: „Nicht Neues zu gestalten, sondern Altes abzubauen, gilt heute schon als Reform.“ Besitzstandswahrung sichere die Zukunft nicht. Die Kirchen könnten in dieser Situation eine wichtige Rolle spielen, sagte der Bischof vor den 8000 Gottesdienst-Teilnehmern. Der Kirchentag sei eine großartige Möglichkeit, über Visionen für Kirche und Gesellschaft nachzudenken. Bundeskanzler Gerhard Schröder verteidigte auf dem Kirchentag seine Agenda 2010. Deutschland müsse fit für die Zukunft gemacht werden, sagte er bei einer Diskussion mit Jugendlichen.

Ein gemeinsamer Gottesdienst von rund 140 000 Protestanten und Katholiken am Brandenburger Tor hatte am Mittwochabend den Kirchentag eröffnet. Beim anschließenden „Abend der Begegnung“ kamen in der Innenstadt etwa 400 000 Menschen zusammen. Schröder würdigte den Beitrag der Christen für friedliche Konfliktlösungen und eine gerechtere Welt. Er plädierte dafür, auch in wirtschaftlich schwieriger Zeit an der Entschuldungsinitiative für die ärmsten Länder festzuhalten.

Bundespräsident Johannes Rau sagte, das ökumenische Treffen könne die Kirchenspaltung nicht aufheben. „Aber der Kirchentag kann Zeichen setzen, Fragen stellen und Mut machen, Neues zu wagen.“ Außerdem könne er helfen, Vorurteile abzubauen, sagte der Bundespräsident. Der Papst stellte in einer zur Eröffnung verlesenen Grußbotschaft ebenfalls die Gemeinsamkeiten in den Vordergrund: Der Kirchentag solle ein Zeichen dafür werden, „dass Gemeinschaft im Glauben stärker ist als das Trennende“. Alle Christen rief er zu einem gemeinsamen Zeugnis ihres Glaubens auf.

Den Streit um das Abendmahl erwähnte der Papst mit keinem Wort. In einer Enzyklika hatte er kurz vor dem Kirchentag untersagt, dass Katholiken das Abendmahl mit Protestanten feiern. Trotzdem feierten am Donnerstagabend in der völlig überfüllten Gethsemane-Kirche Katholiken und Protestanten gemeinsam eine katholische Messe und nahmen an der Kommunion teil. Die Initiative dazu ging aus von der Kirchenvolksbewegung „Wir sind Kirche“. Der nach katholischem Kirchenrecht nicht erlaubte Gottesdienst, den der emeritierte Theologieprofessor aus Saarbrücken, Gotthold Hasenhüttl, zelebrierte, stieß auf scharfe Kritik der katholischen Bischöfe. Kardinal Georg Sterzinsky forderte die Medien zur Zurückhaltung bei der Berichterstattung auf. Es solle nicht dauernd auf Probleme hingewiesen werden, die die Feiernden nicht wirklich belasteten. Die gemeinsame Mahlfeier sei nicht Sache des Kirchentages, sondern Sache von Theologen.

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