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Proben sammeln. Das Foto zeigt nach Angaben von Bürgerjournalisten in Syrien einen UN-Chemiewaffeninspekteur am 28. August nahe Douma. Foto: dpa

© dpa

Politik: „Klare und überzeugende Beweise“

Die UN legen ihren Bericht über den Giftgasangriff vom 21. August bei Damaskus vor Menschenrechtsrat untersucht insgesamt 14 Einsätze von Chemiewaffen im syrischen Bürgerkrieg.

In Syrien ist nach Einschätzung der UN-Inspekteure das Nervengas Sarin eingesetzt worden. Es gebe „klare und überzeugende“ Beweise, dass am 21. August bei Damaskus Sarin benutzt worden sei, heißt es in einem Bericht, der dem UN-Sicherheitsrat am Montagabend vorgelegt werden soll. Als Trägersystem identifizierten die UN-Inspekteure demnach Boden-Boden-Raketen. Nach US-Angaben wurden bei diesem Angriff in der Nähe der syrischen Hauptstadt mehr als 1400 Menschen getötet.

Auf der ersten Seite des Berichts heißt es weiter, Chemiewaffen seien „in relativ großem Maßstab“ während des 30-monatigen Konflikts eingesetzt worden. Der Inhalt der ersten Seite wurde vorab bekannt, weil der Bericht auf einem offiziellen UN-Foto zu sehen ist, das den Chef der Inspekteure, Ake Sellström, bei der Übergabe des Dokuments an UN-Generalsekretär Ban Ki Moon zeigt.

Offenbar hat die Armee des Regimes von Baschar al Assad mehrmals mit Chemiewaffen angegriffen. Eine Kommission der Vereinten Nationen untersucht insgesamt 14 mutmaßliche Attacken mit Giftgasen. „Ja, wir ermitteln in 14 Fällen“, bestätigte der Vorsitzende der Untersuchungskommission des UN-Menschenrechtsrates, Sérgio Pinheiro, in Genf. In den meisten Fällen lägen Anschuldigungen von Zeugen gegen Truppen von Präsident Assad vor.

Pinheiro ermittelt auch gegen bewaffnete Oppositionelle. Der brasilianische Jurist und Diplomat will die Täter und die Verantwortlichen konkret benennen und überführen. Unter den untersuchten Fällen befindet sich auch der Giftgasangriff vom 21. August. Die Verfasser des Berichtes, der am Montagabend veröffentlicht werden sollte, haben aber nicht das Mandat, mutmaßliche Täter auch konkret zu benennen – anders als Pinheiro.

Neben den Attacken vom 21. August untersucht Pinheiro auch jeweils zwei mögliche Chemiewaffenangriffe im März und April 2013. Weitere Angaben zu den laufenden Untersuchungen wollte Pinheiro nicht machen. Die Pinheiro-Kommission untersucht im Auftrag des UN-Menschenrechtsrats mögliche Kriegsverbrechen in dem mehr als zwei Jahre dauernden Bürgerkrieg.

Pinheiro hinterlegte bereits Listen mit Namen mutmaßlicher Kriegsverbrecher beim UN-Hochkommissariat für Menschenrechte. Für die Kommission arbeitet auch Carla Del Ponte, frühere Chefanklägerin des Jugoslawien-Tribunals. Del Ponte wurde von Syriens Regierung zu einem Besuch in das Land eingeladen. Sie lehnte aber ab. Pinheiro betonte, dass die gesamte vierköpfige Kommission mitsamt Mitarbeitern ins Land reisen müsste. Das Assad-Regime verweigert der gesamten Kommission jedoch die Einreise. Deshalb müssen sich die Ermittler auf Zeugenaussagen und andere Quellen verlassen, bedauerte Pinheiro.

Frankreich, Großbritannien und die USA wollen den Druck auf Syriens Präsidenten verstärken, damit er seine Zusagen zur Beseitigung der syrischen Chemiewaffen einhält. Die drei westlichen ständigen Mitglieder des UN-Sicherheitsrates strebten dazu eine „eindringliche und robuste“ Resolution des Rates an, teilte das Büro des französischen Präsidenten Francois Hollande nach einem Treffen der Außenminister der drei Länder mit. Sie solle zudem einen konkreten und verbindlichen Zeitplan für die Beseitigung der Chemiewaffen enthalten. Russland warnte umgehend davor, eine UN-Resolution anzustreben, die automatisch militärische Strafmaßnahmen gegen Syrien erlauben würde. Wer das fordere, habe nicht verstanden, was er mit seinem US-Kollegen John Kerry vereinbart habe, sagte der russische Außenminister Sergej Lawrow. mit AFP/rtr

Jan Dirk Herbermann

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