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Im Kosovo wird Deutsch gesprochen – zumindest wurde die Kanzlerin am Montag in Pristina in ihrer eigenen Sprache begrüßt. Foto: Valdrin Xhemaj/dpa

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Politik: Klartext in Pristina

Merkel besucht deutsche Soldaten im Kosovo – und findet deutliche Worte zum Grenzkonflikt.

Bundeskanzlerin Angela Merkel hat im Kosovo ernsthafte Reformen zur Stabilisierung des Landes und zur Lösung des Grenzkonflikts mit Serbien angemahnt. Nach einem Gespräch mit Ministerpräsident Hashim Thaci forderte Merkel am Montag in der kosovarischen Hauptstadt Pristina unter anderem weitere Anstrengungen bei der Schaffung rechtstaatlicher Prinzipien. Auch der Kampf gegen die Korruption müsse auf der Tagesordnung bleiben, sagte die Kanzlerin. Mit Serbien müsse es „zu gemeinsamen Formen des Umgangs kommen“, erklärte Merkel mit Blick auf den Grenzkonflikt im Norden des Kosovo. Die Regierung im Kosovo müsse nun sehr verantwortungsbewusst handeln und dürfe die Lage vor dem Hintergrund des Grenzkonflikts nicht aufputschen, sagte Merkel. Gleichzeitig forderte die Kanzlerin auch Serbien auf, den blutigen Grenzkonflikt beizulegen.

Thaci sagte, das Kosovo sei „entschlossen, das Kapitel des Konfliktes und des Krieges abzuschließen“. Der Ministerpräsident versicherte, seine Regierung bemühe sich um den Aufbau eines demokratischen und multi-ethnischen Kosovo und um nachbarschaftliche Beziehungen zu allen Anrainern. „Kosovo möchte Teil der EU sein und der Nato“, betonte Thaci. Der Dialog sei die einzige Option, die einzige Lösung im Streit zwischen Kosovo und Serbien.

Im Anschluss an ihr Gespräch besuchte Merkel deutsche Soldaten der im Kosovo stationierten Kfor-Truppen. Die Bundeswehr ist dort seit dem 12. Juni 1999 präsent. Derzeit sind dort etwa 1300 Männer und Frauen stationiert. Merkel erklärte, Deutschland wolle mit der Anwesenheit von Bundeswehrsoldaten, Polizisten und Rechtsexperten „einen Beitrag dazu leisten, dass die Region sich gut entwickeln kann“.

Die Bevölkerung der seit 2008 unabhängigen früheren serbischen Provinz Kosovo ist zu mehr als 90 Prozent albanisch, im Norden gibt es eine serbische Mehrheit. Erst Ende November waren bei einer neuerlichen Machtprobe zwischen Serben und der Kfor im Norden Dutzende Menschen verletzt worden, darunter 25 deutsche und österreichische Soldaten. Zwei Bundeswehrsoldaten erlitten Schussverletzungen.

Die Spannungen im Norden des Kosovo dauern nun schon seit sechs Monaten an, und eine dauerhafte Stabilisierung der Lage ist nicht in Sicht. Damit sind auch die Pläne der Nato infrage gestellt, die Stärke der Kfor-Truppe auf weniger als 5000 Soldaten zu reduzieren.

In der Nähe des Ortes Cabra im Norden des Kosovo, wo die Kfor-Soldaten Ende November im Handstreich eine Barrikade der Serben eingenommen hatten, kontrollieren heute deutsche und österreichische Kfor-Soldaten weiterhin den Verkehr. Überwacht wird die Kfor bei Cabra auch von Serben. Sie sehen in der Kfor alles andere als eine Friedenstruppe. Dabei können sie auf die Unterstützung nationalistischer Extremisten in Belgrad zählen, die in der serbischen Hauptstadt den Spruch „Kosovo ist Serbien“ plakatiert hatten.

Noch unbeliebter als die Kfor ist bei den Serben in der Region der in Belgrad amtierende Präsident Boris Tadic. Unter dem Druck der EU hatte Tadic die Serben im Norden des Kosovo aufgefordert, ihre Barrikaden abzubauen. Dies geschah zwar auch weitgehend. Allerdings sind an den neuralgischen Punkten oft Lastwagen mit Schotter zu sehen – ein Hinweis darauf, dass die Sperren sofort wieder errichtet werden können.

Auch wenn die Mehrheit der Serben in der Region nicht gewaltbereit ist, so hat die Kfor doch angesichts der aufgeheizten Atmosphäre im Norden des Kosovo alle Mühe, das Zerrbild einer Besatzungstruppe geradezurücken. Diesem Ziel dienen regelmäßige Treffen mit den vier serbischen Bürgermeisten im Norden.

Allerdings kann sich kein Serbe hier vorstellen, unter albanischer Herrschaft zu leben – und darin besteht das Grundproblem. Dabei richtet sich der Widerwille der serbischen Bevölkerungsgruppe noch stärker gegen die EU-Polizeimission Eulex als gegen die Kfor-Truppe. So sind im Norden des Kosovo Graffiti-Schmierereien zu sehen, in denen das X aus dem Eulex-Namenszug als Hakenkreuz dargestellt wird. Die Eulex-Mission gilt bei den Serben als rein pro-albanisch. Nach den Worten des Bürgermeisters der Gemeinde Zubin Potok, Dragisa Milovic, hat dies seinen guten Grund. Es gehöre nicht zum Eulex-Mandat, albanische Beamte und Zöllner aus der kosovarischen Hauptstadt Pristina an die Grenzübergänge zu transportieren, klagt Milovic. Deshalb könnten sich die Eulex-Experten auch nicht in den Norden bewegen, sagt er. In der Tat: Zu den zwei Grenzübergängen werden Eulex-Beamte daher noch immer mit Hubschraubern geflogen. mit dapd/dpa

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