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Politik: Know-how aus Israel

Auch in der Krisenregion Kaschmir ist ein Sperrzaun entstanden – international regt das niemand auf

Berlin - Der Zaun ist fast 600 Kilometer lang, trennt Bauern von ihren Feldern und soll verhindern, dass Extremisten ins Land eindringen. Wie Israel hat auch Indien seinen Sperrwall. Er zieht sich die Waffenstillstandslinie in Kaschmir entlang, an der so genannten Line of Control. Seit fast 60 Jahren streiten Indien und Pakistan nun schon um die Bergregion, tausende von Menschen sind im Verlauf des Konfliktes gestorben. Nachdem Neu-Delhi und Islamabad seit Herbst eine Waffenruhe einhalten, konnten die Arbeiten an dem Wall beschleunigt werden. Jetzt sind sie abgeschlossen, verkündet die Armee. Und nicht nur die Funktion der Anlage erinnert an den Nahen Osten. Indien greift auf israelisches Know-How beim Einsatz an der Line of Control zurück.

Überwachungsgeräte, die mit speziellen Sensoren Bewegungen von Menschen und Tieren unterscheiden können, spielen schon länger eine Rolle bei der Kontrolle der faktischen Grenze zu Pakistan. Nach indischen Medienberichten eigneten sich die Geräte aus Israel entsprechend gut dafür, Islamisten aus dem pakistanischen Teil Kaschmirs am Überqueren der Grenzlinie zu hindern. Diese kommen gerade im Sommer, um Anschläge zu verüben.

Schon Ende 2002 hatte Neu-Delhi zudem mit dem Import von tragbaren Radargeräten aus Israel begonnen, ebenfalls für den Einsatz an der Line of Control bestimmt. Und in den vergangenen Jahren hat Delhi mehr als hundert israelische Drohnen gekauft, vornehmlich für unbemannte Aufklärungsflüge im Kaschmirtal. Als eine Art Gegenleistung für den Wissens- und Technologietransfer lieferte man meist ein entsprechendes Abstimmungsverhalten in den UN bei Israel-Fragen. Zwar hat die neue Regierung unter Premier Manmohan Singh von der Kongresspartei auch die Beziehungen zu den Palästinensern betont. Doch an der engen Zusammenarbeit mit Israel wird Indien mit Sicherheit festhalten.

Im Unterschied zu Nahost ist am Sperrzaun in der bergigen Krisenregion das internationale Interesse jedoch vorbeigegangen. Dabei erstreckt er sich über rund 580 Kilometer und riegelt dadurch fast 80 Prozent der Waffenstillstandslinie zwischen den Atommächten Pakistan und Indien ab. Drei Zaunreihen, mehrere Meter hoch und mit Stacheldraht umwickelt, machen vor allem den Bauern in der Nähe große Mühe. Obwohl es einzelne Passierstellen gibt, sind manche Kaschmiris nun von ihren Feldern abgeschnitten. Bei besonders ungünstigem Zaunverlauf befindet sich sogar das ein oder andere Haus im Niemandsland zwischen dem Sperrwall und der eigentlichen Line of Control.

Dass so die Waffenstillstandslinie immer mehr zur tatsächlichen Grenze wird, stößt in Indien auf wenig Kritik. Neu-Delhi käme die Grenzziehung als Lösung des Kaschmirkonflikts ganz recht. Pakistan hat zwar massive Bedenken, die das Außenministerium entsprechend äußerte. Doch offenbar will auch Islamabad trotz Sperrzaun die vor wenigen Wochen wieder aufgenommenen Verhandlungen zu Kaschmir weiterführen.

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