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Politik: Koalition prüft Abschussmöglichkeiten

Jung hält Einsatz gegen Flugzeuge für möglich – wenn sie unbemannt oder nur mit Terroristen besetzt sind

Von Robert Birnbaum

Berlin - Verteidigungsminister Franz Josef Jung (CDU) hält den Abschuss von Terror-Flugzeugen unter bestimmten Bedingungen weiter für möglich. Jung machte deutlich, dass auch nach dem Verfassungsgerichtsurteil der Abschuss unbemannter oder nur mit Terroristen besetzter Flugzeuge erlaubt sei. Einen Abschuss entführter Passagiermaschinen mit unschuldigen Opfern an Bord habe das Gericht verboten, betonte Jung. „Daran werden wir uns halten.“ Für den Abschuss von Maschinen, in denen keine unschuldigen Opfer säßen, gelte dieses absolute Verbot aber nicht. „Wenn eine Notlage besteht, kann und werde ich handeln“, sagte er.

Jung würde sich in diesem Fall wohl auf Nothilfe berufen. Dieser Ausweg ist bereits in einem ersten Gespräch Jungs mit Innenminister Wolfgang Schäuble (CDU) und Justizministerin Brigitte Zypries (SPD) über die Folgen des Karlsruher Urteils besprochen worden. In dem Kreis wurde als zweite, juristisch klarere Möglichkeit eine begrenzte Verfassungsänderung erwogen, die dem Bund ausdrücklich die Kompetenz zum Einsatz der Bundeswehr für diesen speziellen Fall einräumen würde.

Schäuble deutete in einer Aktuellen Stunde im Bundestag am Freitag darüber hinaus an, dass er selbst den Abschuss entführter Passagiermaschinen nach wie vor nicht für völlig ausgeschlossen hält. Schäuble erinnerte daran, dass der Weltsicherheitsrat die Anschläge auf das World Trade Center als „Angriff“ gewertet und die Nato den Bündnisfall erklärt habe. Er zog daraus keine ausdrücklichen Schlussfolgerungen, beklagte aber, das Karlsruher Urteil habe eine „Regelungslücke“ hinterlassen, der sich verantwortliche Politik stellen müsse.

Jung will die Debatte über die Grenzen des Bundeswehreinsatzes im Inneren bei der geplanten Erstellung eines „Weißbuchs“ fortführen. Das Dokument, in dem die Regierung die Grundsätze der Verteidigung festhält, soll bis zum Sommer vom Bundeskabinett gebilligt werden. Zum Inhalt sagte Jung: „Wir müssen auf die asymmetrischen Herausforderungen reagieren.“ Daraus ergäben sich auch neue Aufgabenstellungen für die Bundeswehr in der Luft, zur See oder etwa im Zusammenhang mit „schmutzigen“ Bomben. „Der internationale Terror trifft uns im Äußeren, er trifft uns auch im Inneren“, betonte Jung. Der Verteidigungsminister kündigte zugleich an, dass er das Verhältnis zwischen Bundeswehr und Gesellschaft zu einem Schwerpunkt seiner Arbeit machen will.

Als erstes greifbares Ergebnis kündigte er an, dass in Berlin eine zentrale Gedenkstätte für die im Auslandseinsatz getöteten Soldaten errichtet werden soll. „Es geht darum, den im Auslandseinsatz gefallenen Soldaten die letzte Ehre zu erweisen“, sagte er. Über den Ort und die Ausgestaltung werde derzeit mit anderen Institutionen gesprochen. Erwogen wird ein Standort am Sitz des Ministeriums am Bendler-Block, der aber öffentlich zugänglich sein müsste. Dort soll ohne ausdrückliche Aufzählung der Namen der Toten gedacht werden.

Zurückhaltender als bisher zeigte sich Jung zu einem möglichen Kongo-Einsatz der EU. Er lasse prüfen, ob die Absicherung der Wahlen in dem afrikanischen Land nicht auch internationalen Polizeikräften übertragen werden könne.

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