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Politik: Köhler als Präsident – und als Signal

Union und FDP verkaufen Kandidatenkür als Erfolg: Vereint werde das bürgerliche Lager 2006 Rot-Grün ablösen

Berlin. Union und FDP wollen Horst Köhler, den Chef des Internationalen Währungsfonds, als Nachfolger von Johannes Rau zum Bundespräsidenten wählen. Darauf verständigten sich die Parteichefs Angela Merkel, Edmund Stoiber und Guido Westerwelle in der Nacht zum Donnerstag nach zweitägigem Verhandlungsmarathon. Der Entscheidung ging eine dramatische Sitzung des CDU-Präsidiums voraus. Die drei Parteichefs werteten ihre Einigung als „strategische Entscheidung für eine bürgerliche Alternative zu Rot-Grün“ bei der Wahl 2006. Kritik am Stil der Kandidatenauswahl wiesen sie zurück. Köhler nahm die Nominierung „tief geehrt“ an.

Unmittelbar nachdem die Fraktionen von Union und FDP die Nominierung Köhlers am Donnerstagmorgen abgesegnet hatten, präsentierte Bundeskanzler Gerhard Schröder die Präsidentin der Universität Viadrina in Frankfurt/Oder, Gesine Schwan, als gemeinsame Kandidatin der SPD und der Grünen für das höchste Staatsamt. Schwan sagte dem Tagesspiegel, die Anfrage sei für sie „völlig überraschend gekommen“. In der Bundesversammlung, die den Rau-Nachfolger am 23. Mai wählt, haben Union und FDP eine Mehrheit. Daher bestehen an der Wahl Köhlers kaum Zweifel. Schröder lobte die „fachliche Kompetenz“ des IWF-Chefs, den die rot-grüne Regierung im Jahr 2000 auf den Washingtoner Posten gebracht hatte. Köhler werde „als Mensch und Person sehr geschätzt“, sagte der Kanzler. Unter Helmut Kohl war das CDU-Mitglied Köhler Finanzstaatssekretär. Köhler selbst sagte in Washington, er sehe sich „der Aufgabe gewachsen“. Er plädierte für einen „Prozess der Veränderung, nicht nur in der Wirtschaft“. Von seinem Posten als IWF-Chef trat er zurück.

Die sechsstündige Präsidiumssitzung der CDU war von Protesten gegen den Verzicht auf eine Nominierung Wolfgang Schäubles geprägt. Hessens Ministerpräsident Roland Koch nannte die Regie Merkels „chaotisch“. Koch und Fraktionsvize Friedrich Merz verlangten, die CDU solle auf Schäuble beharren. Beide wurden unterstützt von weiteren Präsidiumsmitgliedern und auch von Schäuble selbst. Erst kurz vor Mitternacht begann die CDU mit der Debatte über Alternativkandidaten. Erwogen wurde die Nominierung von CDU-Vize Annette Schavan, Ex-Umweltminister Klaus Töpfer und Köhler. Die CSU hatte Stoiber freie Hand gegeben, sich für Schavan, Köhler, Siemens-Chef Heinrich von Pierer oder Ex-Verfassungsgerichtspräsident Paul Kirchhof auszusprechen.

Am Donnerstag betonten die Parteichefs, dass Köhler „im eigenen Lebensweg verkörpert, was Deutschland heute braucht“, wie Merkel sagte. Er könne deutsche Interessen in der Welt vertreten wie auch die „Reform- und Veränderungsnotwendigkeit in Deutschland verständlich machen“. Union und FDP wollten „für längere Zeit strategisch eng zusammenarbeiten“, sagten die Parteichefs. Die scharfe Kritik am Auswahlverfahren wiesen Union und FDP zurück. In drei Tagen sei geglückt, was man angestrebt habe: einen gemeinsamen Kandidaten zu präsentieren. PDS-Chef Lothar Bisky sagte, das Ringen lasse „nur eine Konsequenz zu: Direktwahl“. Auch FDP-Vize Rainer Brüderle sagte dem Tagesspiegel: „Ich bin für Direktwahl, dann hätten wir den ganzen Gulasch nicht.“

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