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Politik: Köhler empfängt Juschtschenko

Mit hohen Erwartungen an eine engere Zusammenarbeit zwischen Deutschland und der Ukraine hat der neue Präsident Viktor Juschtschenko seinen Besuch in Berlin begonnen. Überschattet wird der Besuch von der Debatte über die Visa-Affäre.

Berlin (08.03.2005, 19:07 Uhr) - Der neue ukrainische Präsident Viktor Juschtschenko will sein Land nach dem friedlichen Machtwechsel auf demokratischem Kurs in die europäischen Strukturen integrieren. «Wir wollen unser Land auf der Liste der Staaten sehen, wo es Demokratie gibt und humanitäre Standards eingehalten werden», sagte er am Dienstag nach einem Treffen mit Bundespräsident Horst Köhler zum Auftakt seines zweitägigen Besuchs in Berlin. Kiew werde Rücksicht nehmen auf die Interessen Europas und der Nachbarländer, fügte er mit Blick auch auf Russland hinzu. Köhler würdigte die freien Wahlen in der Ukraine: «Ich denke, dass eine neue Zeit begonnen hat.»

Juschtschenko trifft am Mittwoch Bundeskanzler Gerhard Schröder (SPD) sowie CDU-Chefin Angela Merkel. Höhepunkt ist eine Rede im Bundestag. Juschtschenko strebt einen EU-Beitritt der Ukraine an.

Deutschland ist nach Russland der zweite bilaterale Besuch Juschtschenkos seit seiner Vereidigung Ende Januar. Außenminister Joschka Fischer (Grüne) dankte ihm und dem ukrainischen Volk bei einem Treffen «für das heldenhafte Verhalten» und den Einsatz für Demokratie bei der friedlichen Revolution Ende 2004, wie aus Delegationskreisen verlautete. Fischer und der polnische Außenminister Daniel Rotfeld reisen am 21. März gemeinsam nach Kiew.

In der Frage der von Juschtschenko gewünschten Visa-Erleichterungen habe Fischer unterstrichen, dass die Begegnung vor allem junger Menschen notwendig sei, zugleich aber auch die Sicherheit berücksichtigt werden müsse, hieß es. Die EU arbeite an entsprechenden Vorschlägen.

Juschtschenkos Besuch wird belastet durch die Affäre um massenhaften Visa-Missbrauch vor allem an der deutschen Botschaft in Kiew. Aus der Opposition gibt es Rücktrittsforderungen an Fischer. CSU-Landesgruppenchef Michael Glos bezeichnete Vorwürfe gegen die Union, sie veranstalte im Zusammenhang mit der Visa-Affäre ein «Kesseltreiben gegen Ukrainer», als «unverschämt, toll und dreist».

Politiker von Union und SPD reagierten zurückhaltend auf den ukrainischen Wunsch nach einer Aufnahme in die EU. Die EU könne die Ukraine auf absehbare Zeit nicht als Vollmitglied aufnehmen, sagte der Vorsitzende des Europa-Ausschusses, Matthias Wissmann (CDU). Wie für die Türkei wolle die Union auch für die Ukraine eine «privilegierte Partnerschaft» mit der EU. Der Vorsitzende des Auswärtigen Ausschusses, Volker Rühe (CDU), sagte der Hörfunkagentur dpa/Rufa: «Es ist wichtig, dass die Optionen offen sind.»

Der außenpolitische Sprecher der SPD-Bundestagsfraktion, Gert Weisskirchen, trat in der «Frankfurter Rundschau» (Mittwoch) für einen «assoziierten Status» der Ukraine in der EU ein. Auch die Türkei habe seit langem diesen Status, der die erste Stufe auf dem Weg zur Vollintegration bedeute.

Der russische Botschafter Wladimir Kotenjow sagte bei einer Veranstaltung des Deutsch-Russischen Forums in Berlin mit Blick auf die Ukraine: «Wir haben nichts dagegen, dass andere Länder der EU beitreten, aber nicht auf Kosten der wirtschaftlichen Beziehungen zu Russland.» (tso) ()

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