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Politik: Kompromiss für die USA

Wie die Kontrolle von Biowaffen doch noch möglich werden soll

Die USA blockieren weiter die wirksame Überwachung der internationalen Biowaffenkonvention (BWC). Damit droht die Übereinkunft, die weitgehend ein globales Verbot der heimtückischen Kampfmittel vorsieht, zu einem beliebigen Papier zu werden.

Um die festgefahrenen Verhandlungen zu beschleunigen, präsentierte Tibor Toth, der Chef der BWC-Überprüfungskonferenz, in Genf einen Kompromissvorschlag. „Das ist eine Rettungs-Operation“, sagte der Ungar. Demnach sollen die mehr als 145 Vertragsparteien jährlich zusammentreffen, um nationale Gesetze und internationale Überwachung zu diskutieren. An diesem Dienstag soll darüber abgestimmt werden. Doch nach Ansicht von Diplomaten aus Entwicklungsländern spiegelt der Toth-Entwurf nur die Position der USA wider. Washington setzt auf einen Mix: So soll etwa eine Initiative der führenden Industriestaaten G8, der Weltgesundheitsorganisation und der Nato die Herstellung und Verbreitung der verheerenden Waffen bekämpfen. Inspektionen auf amerikanischem Boden kommen für die Bush-Administration jedoch nicht in Frage. „Wir würden unsere nationale Sicherheit untergraben und vertrauliche Geschäftsinformationen weitergeben“, sagte John R. Bolton, US-Unterstaatssekretär für Rüstungskontrolle.

Selbst westliche Diplomaten hegen Zweifel an der US-Argumentation. Die Verbreitung von Interna, etwa durch scheidende Mitarbeiter, könne nicht unterbunden werden. Zudem verliere die Drohgebärde gegen den Irak an Glaubwürdigkeit: „Wie können die Amerikaner eine biologische Abrüstung Saddam Husseins einfordern, wenn sie sich selber nicht in die Karten gucken lassen?“, fragt ein Unterhändler. Kritik kommt auch von unabhängigen Rüstungsexperten. Das Weiße Haus habe es jetzt geschafft, „ein gefährliches Loch im Biowaffenkontrollregime zu hinterlassen", schreibt das British American Security Information Council. Jetzt sei es an der Zeit, die störrische Bush-Administration zum Einlenken zu bewegen.

Warum die Amerikaner ein derartiges Powerplay aufziehen, hat nach Meinung von Waffenexperten einen simplen Grund: In US-Militärlabors tüfteln Wissenschaftlern eifrig an biologischen Kampftstoffen. Mit dem lange geheim gehaltenen Jefferson-Projekt etwa wolle sich die Supermacht auf den neusten Stand der Anthrax-Abwehr bringen.

Jan Dirk Herbermann[Genf]

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