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Politik: Kopflose Geistliche (Kommentar)

Sind dies Auswüchse des Todeskampfes einer abgewirtschafteten Diktatur? Oder hat das Mullah-Regime in Iran eine Chance, seine Stellung mit brutaler Verfolgung der Gegner zu festigen?

Sind dies Auswüchse des Todeskampfes einer abgewirtschafteten Diktatur? Oder hat das Mullah-Regime in Iran eine Chance, seine Stellung mit brutaler Verfolgung der Gegner zu festigen? Die Bedenkenlosigkeit bei der Wahl ihrer Mittel lässt darauf schließen, dass die Konservativen sich in die Enge getrieben sehen. Zwar greifen auch Teile der Opposition zu Terrorakten. Doch der Anschlag auf die Geheimdienstzentrale in Teheran folgt zumindest einer nachvollziehbaren Logik. Wenn im Gegenzug jedoch Wohngebiete in Bagdad mit Lenkraketen beschossen werden, dann wirkt dies wie eine Verzweiflungstat, die ungewollt verrät: Irans Sicherheitskräfte sehen sich nicht in der Lage, die Volksmudschahedin und ihre Stützpunkte beim verhassten Nachbarn Irak gezielt zu bekämpfen. Nicht minder wahllos stellen sich die Mordserie und die übrigen Repressalien gegen Intellektuelle in Iran dar. Und wenn Teheran seine hanebüchenen Attacken auf die iranischen Teilnehmer der Konferenz der Böll-Stiftung in Berlin ausgerechnet kurz vor dem Internationalen Tag der Pressefreiheit startet, dann wirkt das nicht mehr nur wie ein arrogantes Signal der Missachtung an den Rest der Welt, sondern kopflos. Anders als zu Beginn ihrer Diktatur sind die Mullahs offenbar nicht mehr fähig, die internationalen Zusammenhänge ins Kalkül zu ziehen. Das ist freilich kein Trost, sondern ein zusätzlicher Anlass zur Beunruhigung. Ein solches Regime könnte in Versuchung geraten, in einem äußeren Krieg die Rettung vor der inneren Niederlage zu suchen - wie Slobodan Milosevic auf dem Balkan. Die Raketen auf Bagdad haben die Bilder des ersten Golfkriegs zwischen Iran und Irak wieder heraufbeschworen.

cvm

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