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Politik: Krieg der Bürgermeister Franzosen streiten über Sicherheit in den Städten

Paris - Mit einem Aufruf zu einem „nationalen Krieg“ gegen Gewalttäter hatte Nicolas Sarkozy im Juli den Ton für diesen Sommer angegeben. Nun blasen seine Gefolgsleute zur Attacke.

Paris - Mit einem Aufruf zu einem „nationalen Krieg“ gegen Gewalttäter hatte Nicolas Sarkozy im Juli den Ton für diesen Sommer angegeben. Nun blasen seine Gefolgsleute zur Attacke. Für eine „heilige Union“ von Frankreichs Bürgermeistern gegen die Unsicherheit warb Industrieminister Christian Estrosi. Videokameras, Entzug von Familienbeihilfen für Kinder, die die Schule schwänzen – all jene Dinge, die der Präsident kürzlich in seiner Brandrede aufgezählt hatte, sollten nun kommen. Städte, deren Bürgermeister den Verpflichtungen nicht nachkämen, sollten mit „sehr hohen Geldbußen“ belegt werden, forderte Estrosi.

Als strammer Parteigänger Sarkozys hatte Estrosi erst vor wenigen Tagen die Forderung des Präsidenten, Franzosen ausländischer Herkunft bei besonders schweren Straftaten die Staatsbürgerschaft abzuerkennen, mit den Worten unterstützt: „Franzose oder Ganove, man muss sich entscheiden.“ Estrosi, der neben seinem Amt als Minister auch das des Stadtoberhaupts von Nizza verwaltet, verfolgt mit seiner Polemik vor allem das Ziel, den politischen Gegner zu provozieren. Durch ihre „lasche Haltung“ gegenüber Gesetzesbrechern hätten vor allem sozialistische Bürgermeister die zunehmende Kriminalität zu verantworten, sagte er jetzt.

Das mochten Martine Aubry, Parteichefin der Sozialisten und Stadtoberhaupt von Lille, sowie sozialistische Bürgermeister anderer Großstädte wie Lyon oder Grenoble dann doch nicht auf sich sitzen lassen. Eine „Strategie plumper Lüge“ warfen sie ihrem rechten Amtskollegen vor. Unterstützung erhielten sie von Jacques Pelissard, dem Präsidenten des Verbandes der Bürgermeister Frankreichs, der selbst Sarkozys Regierungspartei UMP angehört. Die Bürgermeister seien nicht der Regierung, sondern ihren Bürgern Rechenschaft schuldig, stellte er klar.

Wie irrational die von Sarkozy gewollte Auseinandersetzung um die Sicherheit ist, belegen zwei Umfragen. Für den regierungsnahen „Figaro“ fand ein Institut heraus, dass zwei Drittel der Franzosen den „Krieg“ des Präsidenten gutheißen. Nach einer Erhebung für die linke Zeitschrift „Marianne“ halten zwei Drittel der Befragten die Politik, die Sarkozy seit acht Jahren, erst als Innenminister und jetzt als Präsident, führt, für verfehlt. Zunehmend wächst auch das Unbehagen über die von Sarkozy verfügte Auflösung von Romalagern. Szenen wie vom Wochenende, als die Polizei Familien auseinanderriss, empfinden selbst Parteifreunde Sarkozys als „niederträchtig.“ Die Hoffnung auf Stimmen aus dem Lager der extremen Rechten könnte unterdessen trügen. Laut „Le Monde“ bereitet man sich bei der Nationalen Front darauf vor, „zu ernten, was Sarkozy sät“. Hans-Hagen Bremer

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