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Krise: Blair kündigt Sondergipfel über EU-Zukunft an

Die britische EU-Ratspräsidentschaft plant für diesen Herbst einen Sondergipfel, um Auswege aus der schweren Krise der Europäischen Union zu suchen. Das kündigte Premier Tony Blair an.

London (01.07.2005, 21:42 Uhr) - Der britische Premierminister Tony Blair hat am Freitag für den Herbst einen Sondergipfel der EU-Staats- und Regierungschefs zur Diskussion über die Zukunft der Union angekündigt. Die Europäische Kommission werde dafür ein Strategiepapier über die Möglichkeiten zur Weiterentwicklung des EU-Sozialmodells unter Berücksichtigung der gegenwärtigen Entwicklung erarbeiten, sagte Blair nach Gesprächen mit Kommissionspräsident José Manuel Barroso in London. Die Beratungen gehörten zu einer Periode des Nachdenkens, die nach der Ablehnung der EU-Verfassung durch die Wähler in Frankreich und den Niederlanden erforderlich geworden sei.

Bereits während des gescheiterten EU-Gipfels Mitte Juni in Brüssel war die Idee eines Sondergipfels aufgekommen. Nach den Volksabstimmungen in Frankreich und den Niederlanden hatte die Gipfelrunde den Eindruck hinterlassen, tief zerstritten und handlungsunfähig zu sein.

Blair bekräftigte am Freitag vor Journalisten, dass seine Regierung nicht danach strebe, die sozialen Regelungen der EU einer uneingeschränkten Marktpolitik zu opfern. «Ich glaube an Europa als an ein Projekt mit einer starken sozialen Dimension», versicherte er. Europa sei mehr als nur eine Freihandelszone und habe nicht nur mit Wirtschaft zu tun, müsse sich aber auch dem notwendigen Wandel stellen, um bestehen zu können. Die sozialen Bestimmungen sollten nicht abgeschafft sondern modernisiert werden. Die EU solle eine wettbewerbsfähige Wirtschaft haben und eine gerechte und ordentliche Gesellschaft.

Auch Barroso sprach sich für die Anpassung des sozialen Modells aus und einen relativ hohen sozialen Schutz des Bürgers in einer offenen Marktwirtschaft. Dazu sei Wachstum nötig, damit den Erwartungen der Bürger nach sozialer Gerechtigkeit Rechnung getragen werden könne. Die durch die Globalisierung entstandene Herausforderung erfordere eine dynamische moderne Wirtschaft in Europa. «Es kann keinen Gegensatz zwischen einerseits einem freien Markt und andererseits einem sozialen Modell geben», warnte der Kommissionspräsident. «Wir brauchen beides», sagte Barroso.

Bei seiner Ankunft in London hatte Barroso die Hoffnung geäußert, dass britischer Pragmatismus die halbjährige Präsidentschaft Londons zu einem Erfolg führen werde. Er betonte vor allem die Notwendigkeit, die Haushaltspolitik für die Jahre 2007 bis 2013 zu regeln. Dabei mahnte er die Staats- und Regierungschefs der 25 EU-Länder, mit Kompromissbereitschaft in die Verhandlungen zu gehen und auf nationalistische Rhetorik unbedingt zu verzichten. Blair versicherte, dass seine Regierung alles tun werde, um einvernehmliche Regelungen in den Fragen der Haushaltspolitik und des umstrittenen britischen EU-Rabatts zu erreichen. (tso)

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