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Politik: Krisenhelfer Kreml

Russland will in Zentralasien an Einfluss gewinnen

Während in Brüssel die Staats- und Regierungschefs der EU zusammenkamen, reiste Russlands Präsident Wladimir Putin zum Gipfel nach Taschkent. Zusammen mit China und den vier zentralasiatischen Staaten Kasachstan, Kirgisistan, Tadschikistan und Usbekistan beriet Russland über den Anti-Terror-Kampf. Der 1996 in Schanghai gegründete Staatenbund, die so genannte Schanghai-Organisation, verständigte sich auf ein regionales Anti-Terror-Zentrum, das eng mit UN, OSZE und Interpol zusammenarbeiten soll.

Die eigentliche Sensation fand eher beiläufig statt: Die Schanghai-Organisation will Afghanistans Interimspräsident Hamid Karsai, der auf dem Gipfel als Beobachter vertreten ist, bei der Verbesserung der Sicherheitslage unterstützen. Eine Herausforderung an Washington, wie die russische Zeitung „Nesawissimaja Gaseta“ meinte. Putin hatte beim G-8-Gipfel zwar dem US-Konzept für demokratische Veränderungen im Mittleren Osten formal zugestimmt, dabei jedoch massive Vorbehalte angemeldet. Nun tritt er mit eigenen Vorstellungen an.

Vor allem Moskau, das in dem Staatenbund die Richtung vorgibt, dürfte dafür gesorgt haben, dass sich die bisher vor allem mit Interna befasste Gemeinschaft ausgerechnet im höchst problematischen Afghanistan, wo US-Botschafter Zalman Khalizad die Fäden zieht, seinen Einstand als internationaler Krisenmanager gibt. Der Kreml, der nach dem Einmarsch der Anti-Terror-Koalition dort bisher eher als Statist in Erscheinung trat, bekommt dadurch Chancen, den früheren Einfluss am Hindukusch zurückzugewinnen. Und Karsai kann es sich angesichts wachsender Sicherheitsrisiken und zunehmender Ratlosigkeit des Westens kaum leisten, die Hand Moskaus auszuschlagen. Dank leidvoller Erfahrung ist Russland mit den Tücken des Konfliktmanagements in Afghanistan besser als jeder andere vertraut. Und auch die Stimmung im Land dreht sich zusehends: Wenn in Kabuler Teestuben die „Okkupanten“ verglichen werden, kommen die Russen zunehmend besser weg als die Amerikaner.

Usbekistan, der bevölkerungsreichste Staat Zentralasiens, das den USA im Vorfeld der Afghanistan-Operation zwei Militärbasen überließ, ist von Washington inzwischen offenbar enttäuscht – und sucht wieder Schutz bei Moskau. Der Vertrag über strategische Zusammenarbeit, den Putin und Usbeken-Präsident Islam Karimow am Vorabend des Gipfels unterzeichneten, kam auf dessen Initiative hin zustande. Er räumt beiden Staaten im Bedarfsfall sogar die „gegenseitige Nutzung militärischer Objekte“ ein.

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