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Im Blickpunkt: Kristina Schröder (33), hier bei einer Kabinettssitzung im Februar, ist seit November 2009 Familienministerin. Eine starre Frauenquote lehnt sie ab.

© dapd

Kristina Schröder im Interview: „Eine starre Einheitsquote lehne ich ab“

Zur Stunde beraten sich Kabinettsmitglieder und Wirtschaftsvertreter zum Thema Frauenquote in Chefetagen. Im Vorfeld erläuterte die Bundesfamilienministerin ihre Vorstellungen von einer "Flexi-Quote" - und ihre Ablehnung einer starren Quotierung.

Frau Schröder, Sie wollen die deutschen Unternehmen verpflichten, bis 2013 den Frauenanteil in Vorständen und Aufsichtsräten zu verdreifachen. Glauben Sie, dass die Wirtschaft mitziehen wird?

Die meisten Unternehmen suchen inzwischen ganz gezielt nach Frauen für Führungspositionen. Wenn man sich aber die nackten Zahlen anguckt, sieht man auch: Es passiert noch nicht genug. Ich will der Wirtschaft jetzt bis 2013 Zeit geben zu beweisen, dass sie es ernst meint. Wenn das nicht funktioniert, soll es eine Pflicht zur Selbstverpflichtung geben – und das legen wir jetzt gesetzlich fest.

In den Dax-30-Unternehmen sind nur 67 Frauen unter 500 Aufsichtsratsmitgliedern. In den Vorständen liegt der Frauenanteil sogar nur bei 3,2 Prozent. Selbst bei einer Verdreifachung wären neun von zehn Vorstandsposten von Männern besetzt. Sind Ihre Vorgaben nicht zu lasch?
Eine Verdreifachung des Status quo wäre schon ein riesiger Schritt! Sie müssen auch bedenken: Viele Vorstände sind klein und bei vier bis sechs Leuten ist die Fluktuation nicht hoch. Bei den Aufsichtsräten würde der Anteil bei einer Verdreifachung übrigens auf 30 Prozent steigen. Da könnten die Frauen schon eine neue Kultur prägen.

Noch in der Minderheit: Frauen, die Männern erklären, was sie zu tun haben.
Noch in der Minderheit: Frauen, die Männern erklären, was sie zu tun haben.

© dpa

Viele Unternehmen behaupten, dass sie nicht genügend Frauen für Führungsaufgaben finden. Nur ein Vorwand?
An der Qualifikation liegt es jedenfalls sicher nicht. Allerdings wird heute in Vorstandsetagen erwartet, 70 bis 80 Stunden die Woche präsent zu sein. Dazu sind viele Frauen nicht bereit. Da braucht man einen Partner, der sich um die Kinder kümmert, den Kühlschrank auffüllt und für frische Wäsche sorgt. Frauen müssen ebenso wie Männer neben dem Job auch familiäre Verantwortung übernehmen können.

Wie stellen Sie sich das vor?
Natürlich muss eine Führungskraft im Notfall erreichbar sein. Aber es muss auch möglich sein, Arbeit von zu Hause aus zu erledigen oder sich eine Führungsaufgabe mit einem anderen Menschen zu teilen. Es muss selbstverständlich sein, dass man auch mal um 17 Uhr das Büro verlässt, um mit den Kindern zum Laternenumzug zu gehen.

In einem zweiten Schritt fordern Sie eine „Flexi-Quote“, bei der jedes Unternehmen sich seine eigene Frauenquote setzt. Werden sich dann nicht viele Betriebe davor drücken, weiblichen Führungsnachwuchs einzustellen?
Die Unternehmen können sich nicht drücken, weil sie gesetzlich verpflichtet werden, sich eine Quote zu setzen und diese zu veröffentlichen. Kein Unternehmen wird sich trauen, eine Zielvorgabe von nur fünf Prozent zu wählen, das wäre doch peinlich! Man muss die Quote schließlich vor der Belegschaft, dem Betriebsrat und der Öffentlichkeit rechtfertigen.

Was passiert, wenn ein Unternehmen seine Ziele nicht erreicht?
Dann wird es Sanktionen geben, damit das Gesetz Wirkung zeigt. Aktionäre sollen zum Beispiel eine Aufsichtsratswahl anfechten können, wenn die Quote nicht erfüllt wird.

Ihre Kabinettskollegin Ursula von der Leyen hat eine 30-Prozent-Quote gefordert, die FDP lehnt Quoten ab. Wie soll die Regierung da einen Kompromiss finden?
Ich habe als zuständige Ministerin ein Konzept entwickelt. Auf dieser Basis werden wir jetzt eine gemeinsame Position erarbeiten. Eine starre Einheitsquote lehne ich ab. Ich finde es unsinnig, einem Maschinenbauunternehmen die gleiche Quote vorzuschreiben wie einem Medienkonzern. Ich halte es aber auch für falsch, weiter auf eine unverbindliche Selbstverpflichtung der Wirtschaft zu setzen. Wir können das Thema nicht mehr auf die lange Bank schieben. Deshalb will ich jetzt gesetzlich regeln: Wenn die Wirtschaft bis 2013 ihren Frauenanteil nicht verdreifacht, kommt die Flexi-Quote.

Sie treffen an diesem Mittwoch die Personalvorstände der Dax-30-Konzerne. Welche Zusagen erwarten Sie?
Die Wirtschaft muss erklären, warum es trotz der Bemühungen der letzten Jahre immer noch so wenig Frauen in Führungspositionen gibt. Und ich will hören, was die Unternehmen sich bis 2013 vornehmen, um das zu ändern.

Das Gespräch führte Cordula Eubel.

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