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In den Lagern auf den griechischen Lesbos (Bild) und Chios sind insgesamt rund 4000 Menschen gefangen.

© dpa

Kritik am Umgang mit Flüchtlingen: Ein griechischer Beamter für 883 Schicksale

Die Kritik am Rücknahmeabkommen von Flüchtlingen zwischen EU und Türkei wächst - und bei der Umsetzung in Griechenland hapert es gewaltig.

Sie hielten sich an der Ankerkette der "Lesvos" fest, doch das Auslaufen der türkischen Fähre mit 45 Flüchtlingen an Bord konnten drei Aktivisten am Freitagmorgen nicht verhindern. Zum zweiten Mal in dieser Woche hat Griechenland Flüchtlinge von den Ägäis-Inseln in die Türkei abgeschoben, die drei Schwimmer im Hafenbecken von Mytiline, dem Hauptort von Lesbos, nahm die Polizei fest.

Insgesamt 124 illegale Migranten wurden am Freitag mit zwei Fähren in die türkische Hafenstadt Dikili gebracht. Sie alle hätten keinen Asylantrag gestellt, versicherte die Regierung in Athen. Doch zumindest bei der ersten Abschiebung am vergangenen Montag gab es eine Panne. 13 der 202 zurückgebrachten Flüchtlinge hätten sehr wohl Asyl in Griechenland beantragen wollen, erklärte später ein hoher UNHCR-Vertreter auf der türkischen Seite. Die griechische Polizei hätte die Anträge der afrikanischen Flüchtlinge aber nicht entgegengenommen. Trifft dies zu, hätte Griechenland gegen die Genfer UN-Flüchtlingskonvention verstoßen.

Auf die Fähre "Lesvos" wurden am Freitag 45 Pakistani gebracht, im zweiten Kontingent von 79 Flüchtlingen sollen Marokkaner, Inder, Palästinenser und Iraker gewesen sein. Zwei Wochen lang pausieren die Abschiebungen nun. In der Zeit sollen Asylanträge bearbeitet werden. Drei Wochen nach dem Inkrafttreten des EU-Türkei-Abkommens steht die Verwaltung in den Lagern der fünf Flüchtlingsinseln – Lesbos, Chios, Samos, Kos und Leros – noch am Anfang. Die europäische Behörde für Unterstützung in Asylfragen konnte bis Mitte dieser Woche nur ein erstes Team von 66 Übersetzern und Asylexperten auf Lesbos stationieren. Dabei waren Athen 2300 Experten aus den anderen EU-Staaten zugesichert worden.

Schwere Vorwürfe wegen der Behandlung der Flüchtlinge auf Lesbos und Chios, wo insgesamt rund 4000 Menschen gefangen sind, hat Amnesty International (AI) nach einer Besichtigung der Camps erhoben. Die Insassen beklagten sich über schlechtes Essen und mangelnde medizinische Hilfe. Zudem: "Die Menschen, die dort festgehalten werden, haben praktisch keinen Zugang zu rechtlichem Beistand", sagte die AI-Vize-Leiterin für Europa, Gauri van Gulik.

Der einzige Beamte, der bis Mitte der Woche Asylfälle auf Chios bearbeitete, gab Amnesty eine ernüchternde Bilanz: 883 Anträge erhalten, zehn bearbeitet, neun davon abgelehnt.

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