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Politik: Kritik an Ärzten und Kassen

Patientenbeauftragte zieht Bilanz von 100 Tagen Gesundheitsreform

Berlin. Ärzte und Krankenkassen haben sich nach Ansicht der Patientenbeauftragten der Bundesregierung in den ersten drei Monaten der Gesundheitsreform nicht gerade mit Ruhm bekleckert. Durch unzureichende Informationen seien viele Patienten verunsichert gewesen, kritisierte Helga Kühn-Mengel (SPD) am Montag. Hier müsse „nachgearbeitet“ werden, sagte die Patientenbeauftragte. An den Schnittstellen gebe es „viel Verschleiß“, monierte Kühn-Mengel bei der Bilanz ihrer ersten 100 Tage im neuen Amt.

Seit Jahresbeginn gibt es erstmals eine Patientenbeauftragte. Rund 6000 Briefe und täglich mehr als 100 E-Mails hätten sie und ihre sieben Mitarbeiter in den ersten drei Monaten ihrer Amtszeit erreicht, berichtete Kühn-Mengel. Dabei sei es vielen Menschen um Informationen gegangen. Die Flut der Briefe aus den ersten Wochen sei etwas zurückgegangen, seitdem etwa die Regelungen zur Praxisgebühr und die Definition chronischer Erkrankungen präzisiert worden seien. Bisher werde die Beauftragte als „Sorgentelefon und Kummerkasten“ genutzt.

Kritik übte Kühn-Mengel an den Ärzten, die versucht hätten, die Reform zu Lasten der Patienten auszunutzen. Als Beispiel nannte sie Kieferorthopäden, die auf privaten Abrechnungen bestanden hätten. Augenärzte hätten sich ihre Diagnosen für Brillen bezahlen lassen wollen mit der Begründung, dass auch Brillengläser nicht mehr von der Kasse bezuschusst werden. Und Gynäkologen hätten für Vorsorgeuntersuchungen die zehn Euro Praxisgebühr verlangt, obwohl diese davon befreit seien. In einer Stadt im Rheinland hätten sich die Hausärzte verabredet, Heimbewohnern keinen Besuch mehr abzustatten, sondern die Patienten zu sich zu bitten, um die Praxisgebühr eintreiben zu können.

Aber auch bei den Filialen der Krankenkassen vor Ort kämen oft nicht die Informationen an, welche die Vertreter der Spitzenverbände in Berlin verabredet hätten, kritisierte die Patientenbeauftragte. Bei den Zuzahlungen für Sozialhilfeempfänger in Heimen forderte Kühn-Mengel Nachbesserungen. Bei der Abrechnung zwischen Heimträgern, Krankenkassen und Sozialämtern gebe es mehr Probleme als erwartet. „Wir müssen eine Lösung finden, welche die Menschen nicht so belastet“, sagte Kühn-Mengel. Statt der monatlichen Zuzahlung von drei Euro für diese Klientel hätte sie einen „symbolischen, aber pragmatischen“ Beitrag von einem Euro bevorzugt.

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