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Politik: Kuba: Demokratie als blinder Passagier

Kommt er, oder kommt er nicht? Über keinen möglichen Besucher der Expo ist so viel spekuliert worden wie über den kubanischen Staatschef Fidel Castro.

Von Matthias Meisner

Kommt er, oder kommt er nicht? Über keinen möglichen Besucher der Expo ist so viel spekuliert worden wie über den kubanischen Staatschef Fidel Castro. Am Mittwoch, zum Nationentag seines Landes auf der Weltausstellung, kam er nicht - der "Tag der nationalen Rebellion", der kubanische Nationalfeiertag, ließ den "Maximo lider", der sein Land seit 41 Jahren führt, in der Heimat verweilen.

Das ändert nichts daran, dass ein Besuch Castros auf der Expo zu einem späteren Zeitpunkt noch möglich ist - und es ändert auch nichts an der großen Bedeutung, die der sozialistische Karibikstaat der Präsenz in Hannover gibt. Offiziell ließ sich Castro von seinem Verkehrsminister Alvaro Perez Morales vertreten, Birgit Breuel empfing ihn, die Gruppe "La Barricada" musizierte, und bis tief in die Nacht wurde bei einer Gran Fiesta auf der Expo-Plaza gefeiert. Breuel schwärmte: "So viel Karibik in Hannover ist etwas Wunderbares."

Schon im Vorfeld der Veranstaltung hatte Kubas Botschafter in Deutschland, Oscar Martinez Cordoves, von der "Exotik" gesprochen, "ein politisches System in voller Entwicklung erleben zu können, trotz aller äußeren und inneren Widrigkeiten". Und Raul Beccera, Vizepräsident der kubanischen Handelskammer, meinte, sein Land zeige in Hannover "das Gute, aber auch, was nicht so gut ist". Beccera, verantwortlich für den Expo-Pavillon seines Landes: "Nicht teilzunehmen, wäre die falsche Entscheidung. Unser Pavillon ist kein kapitalistischer Pavillon, es ist ein sozialistischer Pavillon."

Wie auch immer: Das Interesse Deutschlands an Kuba hat in jüngster Zeit deutlich zugenommen, und das nicht nur wegen der wachsenden Zahl von Touristen, die die Insel bereisen. Kopfschüttelnd hatte Außenminister Joschka Fischer (Grüne) noch kurz nach seinem Amtsantritt im Herbst 1998 noch auf die Frage reagiert, ob sich unter einer rot-grünen Regierung etwas am Verhältnis zu Kuba ändern werde. Später dann empfahl der Präsident des Bundesverbandes der deutschen Industrie, Hans-Olaf Henkel, der deutschen Wirtschaft mehr Engagement - und auch der Bundesregierung und Kanzler Gerhard Schröder stärkere Präsenz. Henkel in der "Jungen Welt": "Es ist interessant, weil es ein Markt ist, den wir in den letzten Jahren vernachlässigt haben. Und wir sollten uns nicht leisten, überhaupt einen Markt zu vernachlässigen." Schröder, der als niedersächsischer Ministerpräsident 1996 Kuba besucht und damals auch mit Castro zusammengetroffen war, zeigte sich zugänglich für den Ratschlag.

In diesem Frühjahr besuchte Entwicklungsministerin Heidemarie Wieczorek-Zeul das Land - für ihren Amtsvorgänger, den strikten Antikommunisten Carl-Dieter Spranger (CSU) ein undenkbares Unterfangen. Die SPD-Linke Wiezcorek-Zeul parlierte in Hannover spanisch: "Wir setzen auf Kooperation, nicht auf Konfrontation."

Und die Lockerungsübungen setzen sich munter fort. Henkel, der Silvester mit Fidel Castro in Kuba verbrachte, treibt diesen Kurs voran: "Es tut sich was", sagte er. "Man kann mit Kuba natürlich Geschäfte machen." Von Kritik an dieser Öffnungspolitik will der Industrie-Vertreter nichts wissen: "Indem man Handel treibt und investiert, kommen Menschenrechte und Demokratie meistens als blinder Passagier mit in das Land." Illusionen, versicherte der BDI-Präsident, mache er sich aber nicht: "Castro wird trotz der ganzen Diskussionen, die ich und andere mit ihm über Demokratie, Menschenrechte und alles Mögliche führen, mit 74 Jahren nicht mehr seine Meinung ändern."

Als Besucher, irgendwann in diesem Sommer, wäre Castro auf der Expo trotzdem willkommen. Die Bundesregierung könnte umgehen, ihn als Staatsgast zu laden - und trotzdem würde die deutsch-kubanische Entspannungspolitik gekrönt.

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