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Politik: Kündigt Stolpe den Maut-Vertrag?

Falls die Pannen bis zum 15. Dezember nicht behoben sind, kann der Bund aussteigen / Streit um Schadenersatz

Berlin. Verkehrsminister Manfred Stolpe (SPD) kann den umstrittenen Maut-Vertrag mit Daimler-Chrysler und der Deutschen Telekom kündigen. Dies bestätigte ein Sprecher des Maut-Konsortiums am Montag dem Tagesspiegel. Sollte das System bis zum 15. Dezember 2003 nicht laufen, hat der Bund durch eine Ausstiegsklausel das Recht, sich von den Industriefirmen zu trennen und die Maut-Erhebung anderen Unternehmen zu übertragen. Dies wurde am Montag bekannt, einen Tag nachdem Stolpe und Spitzenvertreter des Maut-Konsortiums den Probebetrieb erneut verschoben und Nachverhandlungen angekündigt hatten.

Das Ministerium wollte sich am Montag zu Vertragsfragen nicht äußern. Der Sprecher des Maut-Betreibers Toll Collect sagte dagegen, „der Bund kann kündigen“. Einen konkreten Termin wollte er aber nicht nennen. „Das alles ist vertraglich geregelt.“ In Regierungskreisen heißt es aber, weder Stolpe noch die Industrie hätten ein Interesse daran, den Streit um die Einführung der Maut eskalieren zu lassen.

Nach Informationen des Tagesspiegels hat der Bund vertraglich die Option, das von Toll Collect erstellte System zu übernehmen. Dafür müsste er die Betreiber aber entschädigen. Toll Collect will nach eigenen Angaben bis Jahresende etwa eine Milliarde Euro investieren. Selbst die weitere Verwertung des Maut-Systems durch Toll Collect – etwa in anderen Staaten – geht offenbar nur mit Zustimmung des Bundes. Diese Regelungen, kommentierte ein Verkehrspolitiker, bringen Stolpe in eine komfortable Lage für Nachverhandlungen. Stolpes Vorgänger, Kurt Bodewig (SPD), der für den Maut-Vertrag verantwortlich war, forderte im Gespräch mit dem Tagesspiegel erneut die Offenlegung. Erst das beweise, dass es „ein gut ausgearbeiteter Vertrag ist“.

Das Konsortium hatte Nachverhandlungen bis zum Wochenende strikt abgelehnt, dann aber eingelenkt. Nach Auffassung des Verkehrsministers wird es dabei um Termine, technische Fragen, aber auch um Schadenersatz gehen. Der Verkehrsminister sollte den monatlichen Einnahmeausfall durch die Maut, den Stolpe mit 156 Millionen Euro beziffert, vom Konsortium einfordern, sagte Albert Schmidt, Verkehrsexperte der Grünen im Bundestag. Das Thema ist zwischen den Vertragspartnern nach wie vor strittig. Der Sprecher des Konsortiums sagte dem Tagesspiegel, dass „der Einnahmeausfall kein Thema“ ist. Bei den anstehenden Verhandlungen gehe es nicht um Schadenersatz, betonte er nachdrücklich.

Unterdessen zeichnet sich ab, dass der Start der Maut frühestens Anfang 2004 erfolgen kann. Noch hat das Konsortium den 2. November nicht offiziell verworfen. Doch erwarten dies alle Beobachter in den kommenden Tagen. Vermutlich wird es keinen neuen Termin geben, zu dem die Maut erhoben wird. Erst einmal soll das System fehlerfrei laufen.

Stolpe sagte im ARD-Morgenmagazin, zwar könne er keinen verbindlichen Termin für den Maut-Start nennen. Es sei jedoch seine „feste Überzeugung“, dass das System Anfang kommenden Jahres starte. Weihnachten werde auf jeden Fall noch eine „Maut-freie Zeit“ sein.

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Dieter Fockenbrock

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